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106 Psychische Studien. III. Jahrg. 3. Heft. (März 1876.)
von Herrn S., dem Lehrer, als Schulst üben benutzt wurden;
hinter dem kleinern Zimmer befand sich eine Hausflur mit
einer Thür nach der A .. . Strasse und einer andern nach
dem Hofe hinaus; die Treppe führte nach einem langen
schmalen Corridor hinauf, an dessen Ende nach der W.
Strasse hinaus ein grosses Wolm-und Besuchszimmer und
nach der A... Strasse hinaus 2 kleinere Schlafzimmer lagen.
Unmittelbar an dieses Haus angebaut war noch ein ebenfalls
2 stöckiges, aber viel schmaleres Hinterhaus, ebenfalls nach
der A.-Strasse hinaus,, worin im untern Stock eine Küche
und Esszimmer, und im obern noch 2 kleine Zimmer befindlich
waren; an diesem Hinterhause befand sich nach der
Hofseite hinaus eine 2 stöckige hölzerne Veranda, auf welche
von dem Corridor aus eine Thüre führte, und weiterhin
ein offener Holz- und Waschschuppen. Im vordem grossen
Zimmer im obern Stock nach der W.-Strasse hinaus befand
sich ein zierlicher gusseiserncr Balkon. Es war in der
Abenddämmerung, als ich mit meiner Frau ins Haus trat,
und zwar in der Hausflur an der A.-Strasse; Herr S., der
eben noch Privatstunden gegeben hatte, verschloss gerade
die Schulstube, zog den Schlüssel ab und geleitete uns die
Treppe hinauf, den Corridor entlang, in das "Wohnzimmer,
wo seine Frau soeben die Lampe anzündete. Kaum hatten
wir uns gegenseitig begrüsst und Platz genommen, als meine
Frau Herrn S. aufmerksam machte, dass im Corridor J emand
klopfe; auch ich hatte es gehört. „Das Klopfen kenne ich
schon/' sagte Herr S.; rdas hört den ganzen Abend und die
ganze Nacht nicht auf!'' — Herrn >SV Frau hörte aber Nichts,
und hatte merkwürdigerweise nie etwas gehört: — daher
sagte Herr & mit grosser Genugtlmung zu ihr: ,,Nun siehst
Du doch, dass ich nicht phantasire, wie Du mich immer
beschuldigst! Herr und Madame Funk hörten es doch sogleich
!*' Madame S. war darüber fast ganz bestürzt und
wusste nicht, was sie weiter sagen sollte. Das Klopfen aber
wiederholte sich bald an der offenstehenden Thür unsers
Zimmers, bald an einer der andern Thüren am Corridor.
Herr S. erzählte uns nun, dass oft, wenn er Abends den
Corridor entlang, die Treppe hinunter oder über den Hof
ginge, er ein schreckliches Seufzen und Stöhnen dicht neben
sich höre, als wTenn Jemand unter Körper-und Seelenqualen
im Verscheiden läge; und wenn er bei dem Holzschuppen
vorbei nach dem Closet gehe, sehe er unter demselben manchmal
eine weisse weibliche Gestalt stehen. Obgleich er, als
Spiritualist, eigentlich über die Gespensterfurcht hinaus sein
solle, so könne er sich doch oft eines Grausens und Entsetzens
nicht erwehren, und seine Haare sträubten sich, wenn
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