Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
3. Jahrgang.1876
Seite: 125
(PDF, 150 MB)
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Gr. C. Wittig: David Friedr. Strauss und Justinus Kerner. 125

„Gottes Liebe tief im Busen,
Lieb1 ich, die er schuf, die Erde,
Lieb' ich Liebe, Wein und Musen,
Bis ich Geist bei Geistern werde."

S. „Die lyrischen Gedichte" von /. Kerner,
5. Aufl. (Stuttgart, Cotta, 1854) S. 158—159.

Und das Gedicht an Dr. Strauss und seine Frau schrieb
Kerner neun Jahre nach dem obigen, als er selbst bereits
56 Jahre alt, also ein an Erfahrungen noch viel mehr gereifter
und in seinen Zielen vollständig selbstbewusster Mann
war! Wie konnte Strauss eine so bestimmt (d. h. hier dogmatisch
) ausgesprochene Ansicht bloss für eine poetische
Fietion halten? Einfach desshalb, weil er das Vorurtheil
hegte, mit einem wirklichen Leben nach dem Tode könne
es nichts sein, folglich müsse Kerner das Opfer seiner dichterischen
Phantasie sein.

Strauss irrte sich ferner in dem Gedanken, „wie ein so
gescheidter Mann wie Kerner solch' närrisches Zeug
glauben könne/' Denn Kerner behält mit seinem närrischen
Zeuge für das Diesseits wie für das Jenseits doch Recht,
während Strauss mit seinem alleinigen Glauben an das Diesseits
und seiner Yollaufliebe persönlich traurigen Schiffbruch
erleiden musste. Der Ausspruch: — „Denn ich
weiss fest, dass ich und du vergehen." — bezieht sich leider
nur zu. prophetisch auf seinen flüchtigen und unharmonischen
Ehebund. Dieser konnte vergehen und sich auflösen, aber
niemals können und konnten diess seine beiden ihn vollziehenden
und sich trennenden Individualitäten. Sie lebton
ja Beide schon hier auf Erden für sicli allein, vor wie nach
ihrem Bunde. Schlagender, wie in diesem Gedichte, kann
wohl der Gegensatz zwischen Strauss so\\Q,m abstraktem
Denken und dem ganzen, philosophisch wie poetisch con-
creten, modernen Spiritualismus, den Kerner vertritt, nicht
in seinen tiefsten Consequenzen zu Tage treten. Musste
nicht Strauss unwillkürlich auf den Gedanken kommen, dass,
da sein irdisches eheliches Leben ein verfehltes gewesen,
seine Hoffnungen sicli weiter hinaus richten müssten?

Wir müssen billig erstaunen, dass an diesem Punkte
Strauss seinen Scharfsinn verlor. Hätte er ihn hier als
Hebel eingesetzt, er würde die Welt des Geistes und der
Geister noch mehr bewegt und gefördert haben, als mit
seinem bloss negativen Glaubensbekenntnisse. Denn wir
sind der Ansicht, dass sich mit dem wahren wissenschaftlichen
und naturgemässen Spiritualismus der höchste geistige
Fortschritt und die beste Aufklärung der Menschheit
verbinden lässt. fh\ C. Wittig.


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