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148 Psychische Studien. III. Jahrg. 4. Heft. (April 1876.)
Mediumistisch-physikalische Phänomene.
Das Herbeibringeu von Gegenständen. — Geschichte Alphonso's.
Von
Leon Fawe-Clavairoz,
General-Consul von Frankreich, zu Triest.
(Fortsetzung u, Schluss von S. 101.)
Ben 20. April 1874. — Hier stellt sich ein psychisches
Phänomen dar, welches in seiner Entwickelung zu beobachten
ebenso interessant ist, wie die materiellen Manifestationen
werden können. Ich habe schon oft gesagt, dass die befreiten
Geister diese letztere Art von Beweisen verachten
und sich nur selten zu ihrer Hervorbringung bestimmen
lassen.
Indem sie auf das Gefühl wirken, wollen sie den Glauben
entstehen lassen, und es ist ziemlich fremd, dass sie so viel
Mühe haben, zu begreifen, wie die Sinne des Menschen als
Richter dienen müssen, damit sein Geist einwilligt, sich
der Ueberzeugung zu fügen. Es giebt dennoch moralische
Beweise, welche physischen Bestätigungen gleich stehen;
aber sie setzen einen Glaubens-Anfang voraus , wo an die
Prüfung mit Unparteilichkeit appellirt und dieselbe ohne
Voreingenommenheit zugelassen wird. Ich habe bereits
erklärt, dass Alfonso ein leichtlebiger Geist, ein Lacher, ein
Schwätzer war, unfähig, einen ernsten Gedanken zu verfolgen
; dass er jedesmal durch ein Quodlibet entwischte,
das man anstellte, um ihn darüber nachdenken zu machen.
Aber in unserer Mitte, in unseren Sitzungen wohnte er
moralischen Ermahnungen bei, welche uns durch dementia
ertheilt wurden. Diese Samenkörner mussten Früchte tragen.
Zu unserem grossen Erstaunen sagte uns Alfonso eines
Tages, dass er das Bedürfniss fühle, fortzuschreiten, sich
zu reinigen, etwas für seine Seele zu thun. Er zögert mit
dem weiteren Herbeibringen von Gegenständen, weil er
keinen Nutzen weiter dabei sieht, und frägt uns um Rath.
Acht Tage vorher waren unsere Ermahnungen, um ihn zum
Beten zu bewegen, total fruchtlos geblieben. Das Wort
„Moral" war ihm unbegreiflich, und auf unsere besten Worte
versetzte er: „Löschet das Licht aus und amüsiren wir
uns!" Aber seine Augen scheinen geöffnet worden zu sein;
der Gedanke an Gott ist in sein Herz eingedrungen, und
mit ihm die Liebe zum Gutesthun und das Verlangen,
sich zu reinigen. Er verachtet von nun an das, was er
die Jagd nach Austern nannte, und die Sorge um seinen
Fortschritt scheint ihn ganz zu beschäftigen.
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