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Eobert Dale Owen: Das streitige Land*
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hört auf sie mit einem Lächeln und setzt sie mit wenig
Ceremonie bei Seite. Durch ihre ersten neun Jahre, kann
man sagen, habe sie keine Eigenthumsrechte, noch Privilegien
auf Besitz. Es mögen sich zu ihren Gunsten von
Zeit zu Zeit Beweise erheben, aber diese werden nach den
Regeln des Beweises als zu keinem entscheidenden TJrtheil
berechtigt erachtet; man hört auf sie als etwas Neues und
Belustigendes, aber sie haben keine gesetzliche Geltung;
sie finden keine offizielle Berichterstattung; sie erhalten
nicht einmal den Credit eines Minderjährigen. Eine jugendliche
Hypothese wird als ausserhalb der Grenzen menschlicher
Gerechtigkeit erachtet
Einer der besten Züge des Buches, literarisch betrachtet,
ist die Deutlichkeit, mit der jedes Beweisstück vorgelegt
wird, und die Fülle und logische Kraft, mit der seine Lehren
erörtert werden. Diess ist so verschieden von dem gewöhnlichen
Verfahren, wenn Geistergeschichten erzählt werden
, (wobei die Autoren erschreckt scheinen, die logischen
Folgen einer Geschichte zu betrachten, die sie dennoch für
wahr erklären),*) dass es gut S3in wird, einige Fälle im
Umriss mitzutheilen, mit des Verfassers Schluss-Resume,
um zu zeigen, was ein wohlerzogener und hoch intelligenter
Mann zu Gunsten einer Sache sagen kann, die gewöhnlich
als ein expiodirter Aberglaube betrachtet wird. Wir wollen
zuerst eine alte, aber wohlverbürgte Geschichte herausgreifen
.**) Lord Erskine erzählte der Lady Morgan (die
selbst vollkommen skeptisch war) folgendes persönliche Er-
lebniss. Als er eines Morgens nach einer ziemlich langen
Abwesenheit von Schottland in Edinburgh eintraf, begegnete
er auf der Strasse seines Vaters altem Kellermeister, der
ganz bleich und abgehärmt aussah. Er fragte ihn, was ihn
nach Edinburgh führte? Der Kellermeister versetzte: „Ich
wollte Ew. Gnaden treffen und um Ihre Vermittlung bei
meinem gnädigen Herrn bitten, um eine mir gehörige Summe
ausgezahlt zu erhalten, di e mir der Haushofmeister bei der
letzten Abrechnung nicht gezahlt hat." Lord Erskine hiess
hierauf den Kellermeister ihm in einen nahe gelegenen
Buchhändlerladen folgen; als er sich jedoch wieder nach
ihm umwandte, war er verschwunden! Darüber erstaunt,
suchte er des Mannes Frau auf, die in Edinburgh lebte,
wo er erst erfuhr, dass der Kellermeister todt war, und
*) Den ersten schüchternen Versuch einer Ausnahme von dieser
Regel in Deutschland hat jüngst Meta Wellmer in ihren „Geistergeschichten
" (s.II. rieft 1876, 8. 88sub e) gemacht. - Die Red.
**) Siehe deutsche Ausgabe I. Theil, Seite 77 ff.
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