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Prof* Dr. Franz Hoffmann: Dühring un& Wallace* 219
Dühring und Wallace:
Materialismus und Spiritualismus.
Von
Prof. Dr. F. HofFmann.
(Fortsetzung von Seite 132.)
Die Philosophie Dührings gebärdet sich voraussetzungslos
, ist es aber handgreiflich nicht. Indem Dühring die
Philosophie als Entwicklung der höchsten Form des Be-
wusstseins von "Welt und Leben bestimmt, setzt er schon
die Wahrheit des Atheismus, die Nichtexistenz Gottes voraus.
Das heisst sich auf die wohlfeilste Art den Materialismus
zurecht machen. Er ist kühn genug, das Bewusstsein ohne
Weiteres nicht auf das menschliche Bewusstsein zu beschränken
, nicht um die Möglichkeit einer selbstbewussten
Gottheit einzuräumen, sondern um ohne Beweis nicht bloss
die Möglichkeit, sondern geradezu die Wirklichkeit ausser-
menschlichen endlichen Bewusstseins auf ungezählten Weltkörpern
vorauszusetzen. Möglichkeit gilt ihm ohne Weiteres
für Wirklichkeit, Wahrscheinlichkeit für Gewissheit. Apriorische
Bedeutung kann seine Behauptung nicht haben, denn
diese wächst nicht auf dem Boden des Empirismus und
Materialismus; apostoriorische Beweise kann er nicht aufbringen
, da die Naturwissenschaft solche bis heute nicht
bietet. Seine ersten Schritte in der Philosophie sind daher
misslungen, auf willkürlichen Behauptungen beruhend. Diese
Willkür setzt sich fort in seinem Versuch über die Grundgestalten
des Seins. Hier behauptet er: „das allumfassende
Sein ist einzig." Allein er hat kein allumfassendes Sein.
Was er so nennt, ist weiter nichts als sein Gedanke der
Zusammenfassung aller vorausgesetzten Atome und deren
Complicationen, keine objektiv einheitliche Macht, kein Prin-
eip, keine Quelle, woraus sie hervorgegangen und wovon
sie beherrscht würden. Gibt es ein allumfassendes
Sein, das nur ein einziges Seiendes sein könnte, nicht der
abstrakte Gedanke der Zusammenfassung der Totalität des
Weltdaseienden, so gibt es, wenn diess Seiende bewusstlos und
willenlos, ungeistige ^atur (natura naturans) ist, nur sub-
stanzielle Modifikationen desselben, aber keine ewigen un-
entstandenen und unvergänglichen Atome.*) Gibt es aber
*) Czolbe's Atheismus („Grundzüge der extensionellen Erkenntnisstheorie
") macht wenigstens den unendlichen Raum zum Absoluten,
womit freilich auch nur ein blind Seiendes zum Weltprincip gemacht
wird, in dem Zutall und Notwendigkeit nicht mehr zu unterscheidenist.
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