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282 Psychische Studien. III. Jahrg. 6. Heft. (Juni 1876.)
sie sich jetzt mit „sympathischen Ringen" die Leichtgläubigkeit
ungebildeter Menschen zunutze. Ob es damit zusammenhängt
, dass die Spiritisten (vielleicht in Ermangelung
besserer Geschäfte) neuerdings wieder besonders rege zu
wirken anfingen? Bekanntlich sind Aberglaube und Unglaube
jederzeit Hand in Hand gegangen." — Das heisst
doch wahrlich, eine offenbar der Sache ganz fremde betrügerische
Spekulation auf die Unwissenheit Ungebildeter
mit Haaren herbeiziehen and den Spiritisten aufbinden,
wie wenn wir etwa aus Herrn Jtemtfs Mittheilungen über
die neueste Falschmünzerei schliessen wollten, er sei vielleicht
selbst irgendwie in Besitz falscher Geldstücke und
Scheine gelangt und habe sie heimlich als echt weiter gegeben
, öffentlich aber vor solchem Thun gewarnt, um damit
andere Leute sicher zu stellen. Man nennt einen solchen
Schluss einen Schluss von dem Prügel auf den Winkel.
Wo und wem hat der Spiritualismus jemals sympathische
Ringe oder electro-magnetisehe Ketten zum Verkauf ausgeboten
? Darf man denn selbst einen Mörder gesetzlich
tödten, ohne ihn vorher des Todtschlages überführt zu
haben ? Wenn Herr Remy aber ohne faktische Beweise dem
Spiritismus diesen abergläubischen Betrug in die Schuhe
schiebt, ist er da nicht selbst — ein Falschmünzer des
ehrlichen Rufs und Characters anderer Meinungsrichtungen,
als die seine? Bewegt er sich nicht selbst in dem licht-
scheuesten aller Gebiete?
f) Frau Charlotte Edle von Schickh zu Wien hat 1875
im Selbst-Verlage eine Broschüre von 20 Seiten erscheinen
lassen unter dem Titel: — „Auch eine Gottes-Tdee.
Dem Zeitgeiste gewidmet." — Wir heben für uns nur
folgende Stelle aus den vielfach geistreichen Aphorismen
der kleinen Schrift hervor: — „Die Gläubigen bauen auf
das Gebet und seine Erhörung durch Gott, Christus, Maria,
die Heiligen etc. Müssen sie es auch sein, denen jene die
Erfüllung ihrer Wünsche verdanken? Nein! Ja mehr noch,
die Erhörung des Gebetes ist der schwächste Beweis für
das Vorhandensein eines Gottes, für die Göttlichkeit Christi.
Sehen wir es nicht im Leben, wie dem Unwissenden der
Mehrwissende, dem Niedrigen der Höhere zu helfen vermag?
Und doch ist hier der Unterschied geringer, als der sein kann
zwischen dem Erdenmenschen und etwa jenen, die ihm vorangegangen
sind zur nächsthöheren Existenz. Es genügt
zur Erhörung des Gebetes in erster Instanz einfach die
Annahme solcher Vorangegangener, die sich für den Lebenden
interessiren und denen sich das Interesse einer dritten
Region wieder zuwendet und so fort bis zu sehr hohen
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