http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1876/0318
310 Psychische Studien, III. Jahrg. 7. Heft. (Juli 1876.)
Woher stammt der Menschengeist?
Wie gelangt er in den Körper des Menschen?*)
Von Adolf Graf Ponin&kii
Je verschiedener die Art und Weise ist, in welcher
philosophisches Denken vorstehende Fragen beantwortet,
desto mehr scheint es angezeigt, dass diese Fragen in einer
Zeitschrift, die sich den „Psychischen Studien" ausschliesslich
widmet, vorgelegt werden, wobei die über diesen
Gegenstand vorhandenen verschiedenen Anschauungen unsrer
Philosophen schliesslich mit medianimeu Mittheilungen zu
vergleichen meine Absicht ist, die, wenn auch als zweifelhafte
Hypothesen betrachtet, dennoch ein neues Licht bieten,
so lange die Wissenschaft die in ihrer Mitte befindlichen
Oontro^ersen nicht definitiv zur Lösung bringt. Ob zu
solcher Lösung und zum Ausgleich der verschiedenen wissenschaftlichen
Anschauungen über Entstehung des Geistes
und dessen Einverleibung im Mensehen gewisse mediumi-
stische Mittheilungen aus dem Jenseits beizutragen vermögen
, wird sich in Folge der Zeit wohl darstellen,
Wir kennen zwei entgegengesetzte Antworten der Wissenschaft
auf obige Fragen.
1) Der spiritistische Theosoph erkennt den Geist
als eine Creation Gottes in übersinnlicher Welt**) und
*) Der Gegenstand dieses Artikels liegt eigentlich ganz ausserhalb
des speciell von unserem Journale gepflegten Gebietes. Wir betrachten
derartige Spekulationen von vornherein als mügsige, so lange
die grosse Thatsache der individuellen Existenz der menschlichen
Seele mehr als je von unseren Gegnern bestritten wird. Wir haben
ihnen nichts destoweniger einen Platz eingeräumt, um unseren Lesern
eine Idee von den neueren sog, apiritischen Spekulationen über
diesen Gegenstand zu geben; und nur weil der geehrte Herr Verfasser
selbst seine Ansicht als eine bloss angenommene Vermuthung oder
zweifelhafte Hypothese unter anderen ähnlichen vorbringt, weichen
wir einmal von dem Plane unseres Journals ab, dergleichen Fragen
lieber nicht zu ventiiiren, sofern sich dieselben nicht aus möglichst
unwidersprechlichen Thatsachen zwingend eruiren lassen. Auch
sog. medianime Mittheilungen haben oft ihre von anderen mediumi-
stischen Mittheilungen verschiedene abweichendeAnschauungen, welche
nur durch sorgfältige Vergleichung und Abwägung aller gegenseitig
berichtigt werden können. Um unpartheiisch zu sein, ist es daher
nothwendig, den spiritistischen die spiritualistischen Spekulationen
entgegenzusetzen, was wir demnächst in einem besonderen
Artikel zu thun bestrebt sein werden. — Die.Redaction.
**) Diese Anschauung scheint im Widerspruche mit der Mosaischen
Schöpfungsgeschichte, die den ersten Menschengeist auf der
Erde erschaffen zeigt. Wenn aber der tiefe Sinn dieser Parabel erkannt
wird, so wie dass die Mosaische Schöpfungsgeschichte (mit
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1876/0318