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Gr. C. Wittig: Einige Worte von und an Herrn Paul Majunke." 319
wirklicher Zwiespalt herrschen," wenn er nämlich bedingungslos
anerkannt und nicht stillschweigend vorausgesetzt wird,
dass die Vernunft mit einer im kirchlichen Sinne zu Zeiten
rückwärts drehbaren politischen Stellschraube zu versehen
ist. Eine Ketzervernunft wurde freilich niemals geduldet
. Vergessen wir dabei aber ja nicht die verschiedenen
Bannflüche desselben Concils für Den: „Wer da sagt, die
menschlichen "Wissenschaften seien mit solcher Freiheit zu
betreiben, dass deren Aufstellungen, auch wenn sie der geoffenbarten
"Wahrheit widerstreiten,*) als wahr beibehalten
und von der Kirche nicht verurtheilt werden
könnten; anathema sit!" — "Wir möchten nur dabei
wissen, was der von Herrn Majunke S. 6 seiner
Schrift gefeierte astronomische Jesuit Pater Secchi, der
grosse Kenner und Erforscher der Sonne, eigentlich hierzu
denkt, oder wie er dabei vielleicht doch dem Glauben
und seiner Vernunft heimlich sich zu entziehen weiss.
Allerdings könnten wir ihm zu seiner quasi Beruhigung
und Ehrenrettung aus den Messegebeten und Hymnen seiner
Kirche nachweisen, dass diese seine eigentlich heidnische
Sonnenverehrung zwar eine uralte ägyptische, aber durch
die Kirche aeeeptirte und geheiligte sei, weil man noch
heut' in ihrem Gr aduale versteckt die Sonne (den Amnion
Rä) anbetet durch das „Benedictas es, Domine, in firmamento
coeli! etc. (Hochgepriesen seist Du, o Herr! am Firma-
mente des Himmels! u. s* w.)," was auch noch im protestantischen
Segensspruch zu Tage tritt: „Der Herr erhebe
sein Augesicht auf euch und sei euch gnädig, der Herr
erleuchte sein Angesicht über euch und gebe euch seinen
Frieden!" Aber Pater Secchi wird schon noch eine andere
Ausflucht für sein heidnisches Treiben wissen. Denn für
heidnisch und teuflisch sind auch die freien Künste der
Mathematik, Physik und Astronomie von jeher gehalten
worden, wie wir ihm aus des Jesuiten Henschenius1 Schriften
nachweisen könnten. Seine Seele und die Desjenigen, der
sich auf ihn beruft, seheinen uns demnach auf ewig —
nämlich für den uralten Aberglauben und die Unwissenheit
ihrer Kirche — verloren!
Auch der englische Naturforscher Alfred Rüssel Wallace,
ein Mann, der über 125,000 naturwissenschaftliche Gegenstände
von seinen weiten Reisen heimbrachte, ist am Schlüsse
der Broschüre unseres Paul Majunke als Gewährsmann für
*) Z.B. ala (Ulli!eo und der Stelle des Jostut X, 12 ff. über den Stillstand
der Sonne am Tage der Amoriter-Schlaeht. Vergl. wn Gebier: »Galileo-
Galilei und die römische Curie." (Stuttgart, Cotta, 1876.) 433 S, gr. 8.
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