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324 tsychische Studien. III. Jahrg. 7. Heft. (Juli 1876.)
so dass nach kurzem Kampfe seine beiden Reiterfliigel von
4000 Mann und die Artillerie der Burgunder durch die
Tapferkeit der anstürmenden Schweizer und die sie gleichzeitig
begünstigenden WitterungsVerhältnisse ausser Gefecht
gesetzt waren, war Karl nur noch auf das Pussvolk seines
Uentrums (6000 Mann von 20,000, die er vor Nancy geführt
hatte, von denen ein Theil noch die Festung belagerte,
während die gegen ihn verbündeten Schweizer und Deutschen
mit 12000 und 8000 Mann voll gegen ihn anrückten,) und
die wenig hundert Pferde seiner Garde beschränkt. „Auf
diesen Torso eines Heeres brachen gleichzeitig von rechts
und links die Massen der Verbündeten (unter Führung des
von ihm vertriebenen Herzogs Rene) ein. Jetzt aber, da
die wachsende Gefahr ihm den persönlichen Kampf in
nächste Aussicht stellte, erfüllte sich Karl der Kühne mit
allem Ernst des Augenblicks. Wie er sich nun den Helm
aufschnallen Hess, (was gewöhnlich erst in solchem Augenblicke
geschah), da löste das Hdmkleinod, der goldene
Leu, sich ab und fiel dem Fürsten auf den Sattel. „Signum
D e i! *)* sprach der Herzog tief betroffen; doch unerschrocken
fuhr er fort, seine Befehle zu ertheilen und überall ordnend
und anfeuernd einzugreifen. Mit ihm wetteiferten Rubempre
und der Graf von Nassau, Contay und der Marquis von
Neufchätel. Es war nur noch ein Verzweifluugskampf;
denn die Feinde, tibermächtig und siegesfroh, umzingelten
ihn: die Vorhut von links, der Gewalthaufe \on rechts,
und bald entspann sich ein furchtbares Handgemenge, in
welchem wenige Burgunder dem Tode entrannen. Karl der
Kühne blieb so lange im Gefecht, als noch irgend ein
Widerstand möglich schien. Erst als überall die Glieder
durchbrochen waren und der letzte Rest seiner Garde, zu
einem unförmlichen Haufen zusammengeballt, keine Hoffnung
längeren Kampfes mehr bot, da suchte der Fürst westlich
um Nancy herum zu entkommen. „Nach Luxemburg!" soll
sein letztes Befehlswort gewesen sein. Eben spornte er
seinen Streithengst, den Mohren, zu gewaltigem Satz, als
ihn der schwere Schlag eines Streithammers traf, und er
wäre aus dem Sattel gesunken, wenn ihn nicht der treue
Hauptmann die wieder aufgerichtet, eine Liebesthat, welche
dieser mit seinem Leben bezahlen musste. Jetzt sprengte
Karl fast allein weiter. Ein Edelknabe aus dem römischen
Geschlechte der Colonna folgte ihm in einiger Entfernung.
Der sah, wie das Schlachtross Karts an dem sumpfigen
Bande des Laxonbaches strauchelte und der Herzog selbst,
*) Zeiohen Gottes!
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