http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1876/0337
Ein BOjäbriger Jubilar der philosophischen Geisteswissenschaft 329
Fortschritt der modernen Cultur and Geistesbildung scheint
nun darin zu bestehen, dass alle diese wilden Beobachtungen,
die sich in neuerer Zeit durch neuere spiritistische Beobachtungen
zum Theil als richtig bestätigt haben, ohne
alle Beobachtung und Piüfung ä priori als nicht existent
hinweg geläugnet werden. Wer am besten negiren kann,
der ist der Gebildetste. Das glaube, wer es glauben kann!
Ein HOjähriger Jubilar der philosophischen Geisteswissenschaft!
Am 18. Juli er. feiert Herr Professor Dr. Immanuel
Hermann von Fichte zu Stuttgart, Sohn des berühmten
deutschen Philosophen Johann Gottlieb Fichte, welcher bekanntlich
als Setzer ues Ich und Nicht-Ich unter dem gewaltigen
Eroberungsdrucke des ersten Napoleon seine furchtlosen
und befreienden „Reden an die deutsche Nation" vor
der akademischen Jugend zu Berlin im Jahre 1808 hielt,
sein achtzigstes Geburtsfest Während der Vater wegen
seines vermeintlichen Atheismus im freisinnigen Jena durch
Anstiftung eines orthodox protestantischen Pfaffenthums
1799 trotz Goethes Vermittelung seiner Professur entsetzt
wurde und nach Preussen flüchten musste, hat sein philologisch
und zugleich philosophisch geschulter Sohn die
Klippen, an denen sein Vater scheiterte, klug vermieden
und die Welt zur Anerkennung einer göttlichen (theisti-
schen) Weltordnung und Weltregierung in der ganzen
Weltgeschichte des Geistes zu führen gesucht. Am besten
und gründlichsten hat er die „Idee der Persönlichkeit und
der individuellen Fortdauer" auf eine gesunde und wissenschaftliche
„Anthropologie" und „Psychologie" d. h. Körper-
und Seelen-Lehre, zu basiren verstanden, und sein Werk:
„Die Seelenfortdauer und die Weltstellung des
Menschen" (Leipzig, Brockhaus, 1867) wird für alle
Spiritualisten, welche für ihre gewonnenen Erfahrungen
haltbare wissenschaftliche und philosophische Gründe suchen,
stets eine Quelle tiefster Belehrung und weitester Perspectiven
zum Meere der geistigen Unendlichkeit und Ewigkeit
bleiben. Wir gratuliren dem ehrwürdigen Greise zu seiner
geistigen Frische und Jugendkraft, die ihn erst jüngst eine
III, vermehrte Auflage seiner „Anthropologie" mit neuen
Beziehungen und Anmerkuugen zu der spiritualistischen
Forschung, die unser Journal vertritt, schaffen Hess. Was
er durch sein langes Leben als Seher und Prophet einer
höheren Weisheit stets vorausgeschaut und aller Welt
furchtlos verkündet hat, siehe, es hat sich nahezu erfüllt!
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1876/0337