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3G0 Psychische Studien. III. Jahrg. 8. Heft (August 1876.)
bedeutenden Fortschritt gemacht habe. Aber er hat damit
doch nur den Persönlichkeitspantheismus erreicht, nicht
den wahren Theismus, weil ihm die Welt nur Entäusserung
(Emanation) Gottes ist, nicht Schöpfung. Daher können
wir uns nicht wundern, dass Hosenkranz, obgleich Baader
zu den Heroen der deutschen Philosophie rechnend, vielfaltig
in seinen Schriften, wiewohl selten zutreffend, gegen
Baader polemisirt, gegen ihn, von dem Hegel erklärt hatte,
recht überraschenderweise, dass er dessen Lehren (philosophische
Grundlehren: meinte er) nicht wesentlich verschieden
von den seinigen erachte. Die Polemik gegen
Baader hat bei Rosenkranz nicht selten einen eigentümlichen
Beigeschmack von Irritation, ja von Animosität. Am
Stärksten wohl tritt diess in seiner Geschichte der Kantischen
Philosophie hervor, wo er sich nicht entblödet,
Baader unbegreiflicher Weise des Manichäismus zu beschuldigen
, ihn, der tiefer als fast jeder Andere den Manichäismus
, wie allen Dualismus, widerlegt hat. Ein anderes Beispiel
tritt uns in seiner Abhandlung: „Die philosophischen
Stichwörter der Gegenwart'* (Neue Studien II, 567 ff.)
entgegen. Man erwartet nicht, was folgt, wenn man zu
Aniang der Abhandlung die Aeusserung gelesen hat: „Wir
Deutsche traten produktiv in die Philosophie erst dann,
nachdem die romanischen Völker sich darin relativ erschöpft
hatten. Von hier ab haben wir nun durch Jacobi, Fichte,
Schellin ff, Hegel, Krause, Herbarl, Baader und Schopenhauer
eke ganze Reihe weltgeschichtlich hervorragender
Denker gehabt." Weiterhin aber versteigt sich Rosenkranz
bis zu der Behauptung, dass in Rücksicht des Tatbestandes
der Leiden des irdischen Lebens (nicht in Rücksicht
des Ursprungs derselben) Baader mit dem Pessimismus
Schopenhauers ganz einverstanden gewesen sei. Seine Worte
sind: „Mit der Annahme Schopenhauers, dass Alles eitel,
dass die Welt ein Monstrum von Unvollkommenheit, von
Elend und Albernheit sei, stimmt bei uns die Philosophie
überein, welche sonst mit Schopenhauer in vollem Widerspruche
steht, weil er den Theismus leugnet. Diess ist die
Baader sehe." Diese Behauptung ist aber eine grelle Entstellung
der Ansicht Baader's von den Leiden und Unvoll-
kommenheiten des irdischen Lebens. Wohl räumt er ein,
dass Schopenhauer aufrichtiger als andere Pantheisten und
Deisten von den Leiden und Verderbnissen des irdischen Lebens
gesprochen habe, und er hätte hinzufügen können, dass
die bezügliche ergreifende Schilderung Schopenhauers noch
lange nicht eine er sei löpfende sei; aber nirgends und niemals
hat Baader eingeräumt, dass Alles im irdischen Leben
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