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Gr. C. Wittig: Moria Carriöre's Ansicht über Magie. 419
sei, in jenem doppelten Sinne aufzufassen. Wäre es nicht
wenigstens nach dem über Auerbachs Keller befindlichen
alten versichernden Spruche, dessen Verse also lauten:
„Anno 1525.
Doctor Faustus zu dieser Frist
Aus Auerbachs Keller geritten ist
Auf einem Fasse mit Wein geschwind,
Welches gesehen viel Mutter-Kind.
Solches durch seine subtilne Kunst hat gethan
Und des Teufels Lohn davon empfah'n —"
denkbar, dass Faust thatsächlich ein grosses Weinfass mit
einer selbsterfundenen Maschinerie gegen die bisherige Manier
zum Erstaunen Aller aufs schnellste mechanisch aus der
Kellertiefe hin aufgewunden und sich dabei selbst sitzend
auf demselben befunden hätte? Und auch die Visionen und
Teufelsverschreibungon sind keineswegs bloss sinnbildlich,
sondern als wirkliche geistige Geschehnisse zu betrachten.
Wir haben das so eben in einer Note nachgewiesen, wo die
Scene in Auerbachs Keller eine ganz andere Bedeutung als
eine bloss symbolische Phantasieerregung gewinnt. Die
Magie, sei es nun die sogenannte weisse oder die
schwarze, ist offenbar mehr als ein Werk der bloss
dichterischen Phantasie, sie wurzelt in einem bestimmten
mysteriösen Können; sie ist und bleibt demnach eine geheime
Kunst und zugleich eine Greistesgabe,' welche ihren Trägern,
leider beides mit Unrecht, entweder das Siegel einer göttlichen
Inspiration, oder das der Zauberei und des dämonischen
Hexenwahnes aufprägt. Die goldene Mitte für die Medien
der Neuzeit zu finden, dürfte erst unserem Jahrhundert
vorbehalten sein.
Gr. C. Wittig.
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