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Das amerikanische Medium Dr. Henry Slade. 449
Mr. tV. IfarriswH 9 der Herausgeber des Spiritualist,
Sitzungen mit Dr. Slade gehabt, welche zu der merkwürdigen
Beobachtung des Letzteren Veranlassung gab, dass die
Schriftzüge der angeblich sich mittheilenden Geister eine gewisse
Aelmlichkeit der Schriftzüge und selbst des Stils des Mediums
an sich trugen, weil nach seiner Theorie und den früheren
Beobachtungen des Mr. Crookes und Mr. Varley die hier
wirkende Kraft oder der angeblich sich mittheilende Geist
aus den materiellen Nerven-Ausströmungen des Mediums
seine physikalische Erscheinung oder Bethätigung schöpfen
erklären. Es ist wohl auch nicht zu viel zu verlangen, dass die
Männer, welche früher die Möglichkeit solcher Phänomene geleugnet
und Andere der Voreingenommenheit und Selbsttäuschung geziehen
haben, nachdem sie Dr. Slade gesehen haben, ihren Irrthum öffentlich
anerkennen sollten !a —
Die „Süssex Daily News" vom 10. August er. berichten hierauf
zu unserem Erstaunen Folgendes:
„Ich befinde mich in der Lage, ohne Vertrauensverletzung con-
statiren zu können, dass einer unserer ausgezeichnetsten Gelehrten,
welcher einen hervorragenden Antheil an der Controverse gegen
den Spiritualismus genommen hat, — möglicherweise in Folge seiner
unbewussten Oerebration -- dazu geführt wurde, Dr. Stade, dem
gegenwärtig in London befindlichen amerikanischen Medium, einen
Besuch abzustatten. Um sich nun vor Kunstgriffen zu schützen, nahm
er seine eigene verschliessbare Doppelschiefertafel mit sich und, nachdem
er ein Stückchen Schieferstift in dieselbe hineingelegt hatte,
hielt er sie zusammen mit dem Medium fest. Alsbald wurde innerhalb
derselben ein Kritzein vernommen, und beim Oeffnen der Schiefer«
tafel fand man eine Botschaft niedergeschrieben. Auch eine Hand
erschien bei vollem Liebte, und die Zimmergeräthe bewegten sich
lebhaft unter ähnlichen Bedingungen. Der Philosoph ging mit dem
Eingcstäüdniss hinweg, dass es hierbei „eine Nuss zu knacken gäbe."
Unter den Umständen konnte er kaum weniger sagen. Ich erwarte
mit Spannung seinen eigenen detaillirten Bericht über diesen Besuch." —
So der Correspondent der oben genannten Zeitschrift.
Wer sollte aber daraus unseren pfiffigen Dr. William Carpenter,
aus den „Psychischen Studien", Jahrg 1874 S. 172, 174, 218, 269, 316,
363, 462, 500 unseren Lesern in unzweifelhaftem Andenken, nicht
wieder erkennen, welcher gewiss diese Nuss noch nicht selber knacken,
sondern sie vorerst von allen Seiten besehen und irgendwo noch ein
verborgenes Wurmloch daran entdecken wird. Wir glauben nicht an
so plötzliche principielle Bekehrungen und Ueberzeugungen! Aber
Thatsache ist es, wie wir ans anderer sicherer Quelle vernehmen, dass
er dieser Sitzung mit Muth beigewohnt hat, um sich von der Facti«
vität der seltenen mediumistischen Begabung Dr. Slade*s zu überzeugen
. Ob er ihn nun auf dem Altare seiner physiologischen Wissenschaft
foltern und als Hexenmeister verbrennen wird? Oder wird er
aus Brotneid nun etwa gar seinem Collegen in der Boyal Society, dem
Physiker und Lichtmühlen-Erfinder Crookes, es zuvor thun und speziell
diese Art von Mediumismus schon von jeher, als durch Cerebration
bestehend, anerkannt haben wollen? Wir werden es ruhig abwarten
und sehen. —
So schrieben wir vor einem Monat. Jetzt haben wir den Beweis
unserer richtigen Vermuthimg über Dr. Carpenter vor uns. Er schrieb
Psychische Studien. Uctobcr 1870. 29
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