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484 Psychische Studien. III. Jahrg. 11. Heft. (November 1876.)
lieber einige mit abnormalen Geisteszuständen
verbundene Phänomene.
Von W. F. Barrett,
Mitglied der Royal Society von Edinburgh, Professor der Physik am Royal College
of Science in Dublin.
Es giebt gewisse, entweder temporär herbeigeführte
oder angeborene Geisteszustände, welche mit vielen merkwürdigen
Phänomenen gesellt zu sein scheinen, die bisher
nur eine theilweise Beachtung von Seiten der Männer der
Wissenschaft erhalten haben. Bei verschiedenen Gelegenheiten
während der letzten zehn Jahre habe ich die Vergünstigung
gehabt, einige dieser sonderbaren Zustände zu
beobachten, und in der Hoffnung, weitere Belehrung zu erhalten
oder die Forschung bei Denjenigen anzuregen, welche
competenter sind als ich, wage ich es, die folgenden That-
sachen zur Kenntniss der British Association zu bringen.
Die zuerst zu beschreibenden Beobachtungen gehören
zu der unter den Namen Mesmerismus, Hypnotismus, oder
herbeigeführter Somnambulismus, denn diese Worte bezeichnen
ganz ähnliche Geisteszustände, bekannten Klasse.
Die Experimente des verstorbenen Mr. Braid haben Physiologen
angeleitet, die Existenz der Thatsache anzuerkennen,
dass ein ausserordentlicher Geisteszustand bei gewissen
empfänglichen oder sensitiven Individuen durch blosses
strenges Fixiren der Aufmerksamkeit während einiger Minuten
oder noch weniger Zeit auf irgend einen Gegenstand
herbeigeführt werden kann. Während ich vor nun einigen
Jahren bei einem Freunde in Westmeath verweilte, hatte
ich die Gelegenheit, häufig Zeuge der Hervorbringung dieses
krankhaften Zustandes zu sein, und ferner noch, manche
Phänomene zu beobachten, welche gewöhnlich noch von
eminenten Physiologen des heutigen Tages geleugnet werden.
Wenn ich einige von den Dorfkindern auswählte, sie
in ein ruhiges Zimmer brachte und jedem von ihnen irgend
einen kleinen Gegenstand gab, auf den es beständig zu
blicken hatte, so fand ich, dass eins unter ihr er Zahl leicht
in einen Zustand von Träumerei überging, welcher dem
traumhaften Zustande zwischen Schlafen und Wachen glich.
In diesem Zustande konnte das Subjekt leicht zu dem Glauben
an die extravagantesten Behauptungen gebracht werden,
wie z. B. dass der Tisch ein Berg, der Stuhl ein Pony,
ein Zeichen auf dem Fussboden ein unüberwindliches Hin-
derniss sei, wie Dr. Maudsley in seiner „Mental Physiology"
bemerkt: „Der Geist des Patienten wird von den Ideen besessen
, welche der Operator unterhält, so dass sein Körper
eine automatische Maschine wird, die von ihnen in Bewegung
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