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498 Psychische Studien. III. Jahrg. 11. Heft. (November 187t>.)
zufällige Umstände und, wie in vorliegendem Falle, Ihre
Besorgniss, Personen oder Parteien zu verletzen, Umsieht
erfordern und einen offenen Ausdruck Ihrer Meinungen
verhindern mögen u. s. w." Ich erkenne mich in dieser
Phrase nicht wieder; ich möchte sehr wünschen, die Stelle
in meinem Briefe zu sehen, auf welche sich eine ähnliche
„Übereinstimmung" des Herrn Barons mit mir gründet!
Wie wenig eine ähnliche Politik von meiner Seite ihr Ziel
erreichen würde, giebt sich der Herr Baron die Mühe, sieh
selbst zu beweisen; einige Zeilen weiter sagt er: „Gestatten
Sie mir nichtsdestoweniger zu bemerken, dass Ihre Klugheit,
die Spiritisten nicht zu verletzen, von keinerlei Nutzen ist,
da die Spiritisten von Paris offene Feinde Ihrer psychischen
Studien' sind und sich über deren voraussichtlichen
Untergang freuen." "Wenn das der Fall ist. so kann ich
nur mein Bedauern darüber aussprechen; ^s ist aber kein
Grund, um meine Art und Weise zu handelu durch Motive
erklären zu wollen, welche mir nicht eigen sind und deren
Ohara cter einen Mangel an Freimuth und Horzhaftigkeit
bezeichnet.
Wie dem nun aucli sei, ich befinde mich zwischen zwei
Feuern: die Spiriten schelten mich, weil ich nicht für die
Reincarnation gesprochen habe; die Spiritualisten schelten
mich, weil ich nicht gegen die Reincarnation aufgetreten
bin; die Einen wie die Andern — für mein Stillschweigen!
Schliesslich richtet noch Herr Dr. Nehrer den Vorwurf an
uns: ,,Dürfen die Adepten des heutigen Spiritualismus eine
Kundgebung auf psychologischem Felde vornehm ignoriren,
ungeprüft verwerfen und verunglimpfen, ohne dieselben Vorwürfe
auf sich zu laden, welche sie ihren blindseinwollenden
Gegnern täglich und stündlich entgegen zu schleudern berechtigt
sind?" (Psych. Stud. Nr. VIII, p. 371.)
Ohne uns weiter bei diesem Ausfall des ehrenwTerthen
Doktors aufzuhalten, welcher nicht den logischen Widerspruch
der Worte ignoriren und verunglimpfen zu
bemerken scheint, so ist Eins klar, dass nämlich die wirkliche
Haltung unseres Journals gegenüber der Reincarnation
nicht im entferntesten begriffen worden ist; auch scheint es
uns nothwendig, uns darüber kategorisch zu erklären, ein
für alle Male die Gründe aufzustellen, wegen deren es wirklich
und thatsächlich Plan unseres Journals gewesen ist,
die Reincarnationsfrage zu ignoriren.
Die Psychischen Studien haben zu ihrem speziellen
Zweck nicht das Studium der psychologischen Fragen im
Allgemeinen, sondern dasjenige der wenig gekannten Phänomene
des psychischen Lebens. Den ersten Rang unter
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