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510 Psychische Studien. III. Jahrg. 11. Heft. (November 187(5,
In Betreff der übrigen Auslassungen des Tteeensenton
für und wider den Pessimismus müssen wir auf den Artikel
selbst verweisen, bedauern jedoch, dass der Verfasser desselben
an die von der Naturwissenschaft angeblich schon prokla-
mirte Vernichtung alles Lebens der Erde durch die kaum
zweifelhafte dereinstige Erstarrung und Vereisung ihrer
Oberfläche so gewiss glaubt, dass es ihm gleich bleibt, ob
die Menschheit elend erfriert, oder sieh selbst vorher einen
Abgang decretirt, wodurch, wie er einsieht, allerdings nur
die Erde berührt und kein völliges Weitende herbeigeführt
werden würde, sodass TTnsterblichkeitsgläub'ge auf einem
andern Weltkörper einen künftigen TVohnort zu linden
hoffen können. Er hat nicht bedacht, dass selbst Eis das
eonservirendste Unstcrbliehkeits- und Erhaltungsmittel der
für ihn eigentlich ganz vergänglichen Menschheit sein würde,
die ja dann ihrem organischen Stoffe nach gar nicht auf einen
anderen Weltkörper gelangen könnte, welcher doch schliesslich
auch demselben Schicksale entgegen gehen müsste, wie
alle übrigen Welten. Und diese trostlose Aussicht, eines
schönen Tages in Eis zu erstarren, zieht er, obwohl
schaudernd, dem Unsterblichkeitsglauben vor, dessen Beweisfähigkeit
und Lösbarkeit zu suchen er sich gar keine Mühe
giebt, obgleich Beweise wie Brombeeren im modernen Spiritualismus
sich um ihn ranken! Es ist wahrlich die höchste
Zeit, dass sich die verflogene deutsche pessimistische Philosophie
und Spekulation aus ihren abstracten Spinngeweben
losmache und auf die Honigblüten geistiger Thatsachen
und Wirklichkeit niederlasse. Schon des Verfassers in diese
Probleme verfangenes Flattern bekundet seine Sehnsucht
und sein Streben nach dem Besseren.
Gr. C. W.
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