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516 Psychische Studien. III. Jahrg. 11. Heft (November 1876.)
dafür," — lautet die Schluss-Sentenz, — „dass ein "Vergehen
gegen die Vagranten-Acte erwiesen worden ist, und
wenn ich das schwere Unheil in Erwägung ziehe, welches
aus solchen Praktiken hervorgehen kann, — ein Unheil,
welches Diejenigen, die sich des Falles von Borne, auch eines
professionellen Mediums, erinnern, nicht für unwesentlich
halten können, — so fühle ich, dass ich die Strafe nicht
mildern kann, welche das Gesetz auferlegt. Ich ver-
urtheile deshalb den Angeklagten zu dreimonatlichem
Grefängniss mit schwerer Arbeit im Oor-
r e et ions-Hause."
Hierauf entgegnete der Vertheidiger: — „Mit aller
Hochachtung, geehrter Herr, vor Ihrer Autorität wünsche
ich, da dieser Fall ein solcher ist, welcher Fragen von
Wichtigkeit in sich schliesst, Sie zu benachrichtigen, dass
ich appellire." — Der Präsident Mr. Horners erwiedarte:
— „Ich bin erfreut, das zuhören; denn obgleich ich meine
Meinurg ehrlich abgegeben habe, so würde ich doch vorziehen
, dass die Sache hierbei nicht beruhen sollte." —
Der Staats-Anwalt Mr. Lerne: — „Dann, geehrter Herr,
wird es nöthig sein, dass Sie die Bürgnchafts-Summe feststellen
." — Dieselbe wurde vom Präsidenten auf nur 200
Pf. Sterling fixirt, welche sofort von Mr. Enmore Jones und
Dr. WyW bereitwilligst vorgestreckt wurde, damit der Beklagte
, so lange die Appellation (circa 3 Monate schwebt,
in persönlicher Freiheit bleibe.
Hiermit schloss der erste Act des neuesten Drama's
nach cJ er berüchtigten englischen V a g r a n t e n - A c t e, nach
welcher „ein Vergehen stattfindet, wenn einer erklärt oder
vorgiebt zu wahrsagen, oder irgend welche subtile*) Kraft,
Mittel oder Erfindung, sei es durch Wahrsagen aus dei\
Hand (palmestry) oder sonst irgenwie, zu benutzen, um
irgend welche von Ihrer Majestät Unterthanen damit zu
täuschen oder zu betrügen." — Und diese Gefahr lag einem
englischen Professor und seinem Freunde jüngst so nahe,
dass er sich nicht anders als auf diesem Wege vor Dr.
Stade retten könne. Die „Times" allein genügte diesen
*) Wir erinnern hierbei an den ifaw^-Sprueh über Auerbach*s
Keller in Leipzig, wonach Faust im Jahre 1525 (siehe IX. Heft S. 419)
von der gestrengen Polizei der damaligen Zeit ganz unbehindert mitten
in Deutschland aul einem Fasse davonreiten durfte, trotzdem es ebenfalls
viel Mutterkind gesehen und laust eine „subtilne Kunst" angewendet
, die ihn schliesslich nur dem Teufel überlieferte, während man
in dem sonst so frommen England schon damals an den Teufel nicht
mehr recht geglaubt zu haben scheint, und desshalb für ihn greifbarere
weltliche Mächte substituirt hat, die noch bis heutigen Tages
für ihn in Wirksamkeit sind. — Der Uebers.
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