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518 Psychische Studien. III. Jahrg. 11. Heft, (November 1876.)
Möglichkeit war. Die Fragen, welche ich stellte, mussten
dem Medium ebenso fremd, als wenig verständlich gewesen
sein; aber die Antworten, welche nach längeren unregelmässigen
Strichen und Zügen auf dem Papier erschienen, waren nach
bestimmter Forderung der Deutlichkeit ziemlich gut zu lesen.
Unter allerlei Fragen stellte ich auch jene nach dem Namen
des zukünftigen Gemals einer jungen Verwandten, welche
noch in gar keinen Beziehungen zu einer bestimmten Persönlichkeit
stand. Die Antwort gab den Namen einer bekannten
Familie, die ich aber in keiner Verbindung mit meinen
Verwandten wusste. Ich betrachtete es als ein leeres Wort
und legte den Experimentir-Bogen zu anderen Papieren.
Erst nach einigen Jahren fiel er mir wieder in die Hände,
als sich die Thatsache vollzogen hatte, dass meine Verwandte
einen Gatten heirathete, der jenen aufgeschriebenen Namen
trug. Ich hatte weder mit ihr, noch sonst Jemand in ihrer
Umgebung, von meinem Versuche und dessen Resultat gesprochen
, nur einem für derlei sich interessirenden Bruder
den Bogen gezeigt, der auch denselben Namen darauf las.
Gewiss erleben viele Menschen manches Merkwürdige solcher
Art, und wenn es, nur auf Treu und Glauben überliefert,
für die Forschung wenig Gewicht hat, sollte doch nicht Alles
todtgeschwiegen werden. In diesem Sinne erlaubte ich mir
die Mittheüung dieser kleinen Episode.
Euer Wohlgeboren ergebenste
Freifrau v. SUebar.
IL
Schloss Zulehn, den 29. Juli 1876.
Geehrter Herr!
Ihrer freundlichen Aufforderung entsprechend, stelle
ich die Benützung meines selbsteigenen Erlebnisses Euer
Wohlgeboren gerne zur Verfügung. Warum sollte man
solche Erfahrungen und Proben, sofern man sich bestmöglichst
von ihrer untrüglichen Wahrhaftigkeit überzeugt hat, nicht
dem öffentlichen Urtheil so gut darlegen, wie man sie im
Privatkreise mittheilt? Diese kleinen ungeprüften Experimente
, wenn sie auch ein merkwürdiges Factum lieferten,
werden wohl, nur von Frauen-Namen bestätigt, der Wahrheit
keine Gasse brechen bei wissenschaftlichen Zweiflern; da
ich aber auf Anerkennung meines Wortes bei Solchen, die
mich kennen, rechnen darf, kann immerhin der Sache mehr
damit genützt als geschadet werden, wenn auch in sehr
begrenzter Weise. Ich bin mit dem Grafen Poninsky und
mit Baronin Ädeima Vay in Correspondenz, und letztere hat
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