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96 Psychische Studien. IV. Jahrg. 2. Heft. (Februar 1877.)
Correspondcnz.
Herrn trafen C. v. S.: — Wir haben im I. Hefte nnr „Etwas von den sogenannten
Wundererscheinuugen zu Marpingen4* nach einer genau citiitcn Quelle der katholischen
Parthei zur Orientirung unserer Leser gebiacht. Der Artikel enthält, wie wir glauben
annehmen zu dürfen, schon in sich selbst die richtige Directive für seine objective He-
urtheilung und Erklärung. Uns liegt nur an Constatirung der Thatsächlichkeit derartiger
Visionen oder Erscheinungen, vom psychologischen Oesich.spunkte aus betrachtet.
Was kirchliche oder politische Partheigegeusa z-e noch nebenbei lanmn geheimnissen, liegt
unserem wissenschaftlichen Interesse gleich weit entfernt. Unsere eigentliche Stellung zur
kirchlichen Seite der Frage finden Sie in unserem Artikel „Einige Worte an Herrn Paul
Majunke über Wallace* Jahrg. 1876, S. 318 und S. ä84. Wir halten kirchliche Voreingenommenheit
für gewisse Dogmen, welche dergleichen Visionen vielleicht für ihre hierarchischen
Zwecke zu benutzen bestrebt ist, für ebenso unrecht und vei fehlt, als gewaltsame
Unteidrückung von geistigen Thatsachen, deren innersten EntstehungsrTuno man gar nicht
kennt und daher nicht richtig zu würdigen weiss. Man dämpfe den Gebt nicht über das
rechte Maass hinaus, sonst dampft er eben mit eleroentaiei Gewalt sas seinen ihn umgebenden
Fesseln und Schranken explodirend hervor. Nur durch allseitige Erforschung der
Natur der Visionen und verwandter mediumistischer Phänomene des Geistiebens wird das
beste Ventil gegen religiöse üeberspannung einem weisen Staatislenl^er sicher in cie Hand
gegeben sein.
Herrn €arl Alexander Schulze in L.: — Sie wünschen etwas Näheres über das im
I. Hefte Seits 35 erwähnte jüngst erschienene französische Werk von Jaeoiliot zu erfahren.
Nun, Sie haben in den höchst interessanten Mittheilung^n des Herrn Professors Maximilian
Perty zu Bern: ..Manifestationen bei den Fakirs in Indien", welche im II. Jahrgange 1875
der „Psych. Stud." S. 300 ff. erschienen sind, einen vortieffliehen Au^ug aus demselben vor
sich, dessen eingehende .Leetüre jeden Verständigen zu tiefstem Nachdenken über das ge-
sammte Gebiet des modernen Spiritualismus führen muss. Was in Indien wirklich und
möglich i&t, wird wohl aucl in Amerika und England nicht mehr als ganz unwahrscheinlich
und unmögl ch zu betrachten sein. Möchte ein Jeder, der unseren übrigen Berichten von
medium istischen Phänomenen noch kein rechtes Vertiauen zu 3chenken im Stande ist, vor
allen anderen die oben genannten Berichte Jacolüot's lesen I Er wird duren sie gle'ch uns
von einem guten Theile von Zweifeln erlöst werden.
Herin D*\ Kampe in B. : — Sie glauben, der jüngst in der „Gartenlaube" erschienene
Artikel; — „Der Spiritualismus vor dem Gerichtshöfe der Wissenschaft" — habe unserer
Sache doch einen ergen Stoss versetzt? Sie meinen das doch wohl nicht bei Urteilsfähigen
? Die gedankenlose und unkritische Menge vird stets glauben, vas man ihrer
Phantasie aufzuschwatzen sucht; an ihrer leicht beweglichen und veränderlichen Meinung
kann unserem Journale wenig liegen. Vielleicht würdigen Hie wenigstens die Ihnen in
gegenwärtigem Heft vorliegende karze, aber scharfe Beleuchtung jenes sich als „Gerichtshof
der Wissenschaft" gerirenden Artikels einer etwas uäheren Betrachtung. Der Best dürfte
— Schweigen v*>n jener Seite sein.
Freifrau von £>tiebar-Batteniieini in Linz: — Der dermalige Aufenthaltsort der Frau
Baronin Julie von Güldenstubbe ist Paris, No. 20 rue de Trdvise. Wir freuen uns, dass
die von ihr kürzlich edirte 2. Ausgabe der „Pneumatologie" ihres verstorbenen Herrn
Bruders, des Baron» Ludwig von Güldenst übe, e;n Sie befriedigendes Intensse erweckt hat,
und sehen gespannt dem Resultate Huer weiteren Expeiimente mit dem auch uns bekannten
hochgestellten Medium entgegen, bei welchem wir jedoch noch niemals dos Glück hatten,
einen vollkommen überzeugenden Beweis von der Objeotivität seiner Mittheilungen zu
erhalten. Es würde uns freuen, wenn Ihnen dieser Nachweis geläugc, da wir von der
vollen Ehrlichkeit des Mediums überzeugt, sein öfteres Fehlgreifen aber einer Art zeitweiligen
gemischten Uebergangs-Zustandes zuzuschreiben geneigt sind.
B e r i c h t i g u u g\
Auf Seite 9 des Januar-Heftes gehören die beiden letzten Zeilen an den Anfang derselben
Seite, in der sie aus Versehen des Setzers beim Abbrechen der Seite 8 an den
Schluss der Seite 9 gerathen sind.
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