http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1877/0128
120 Psychische Studien. IV. Jahrg. 3. Heft. (März 1877.)
kanischen Medium Dr. Slade in Verbindung zu setzen, welcher
möglicherweise später auch in Berlin und Wien einige Zeit
verweilen wird, der ihm entsprechende Beweise liefern
könnte, — (siehe unseren folgenden Artikel: „Dr. Slade
in Holland") oder wenn er Slade nicht wünscht, sich
nach Amerika zu wenden, wo gegenwärtig noch gute
Medien in Wirksamkeit sind, die er in der Redaction des
Bostoner „Banner of Light" oder jeder anderen spiritualis-
tischen Zeitung angewies« erhalten wird.*) Ein Medium
wird ihm schwerlich in Deutschland zu Gebote stehen ohne
die grössten Unkosten. Aber letztere muss er mit in Kauf
nehmen, da kein Botaniker zu einer frischen seltenen Blume
kommt, ohne sie mühsam selbst aufzusuchen, kein Astronom
einen Asteroiden oder Kometen entdeckt, wenn er nicht
fleissig mit seinem vorerst angeschafften Teleskop am Himmel
Umschau hält. Medien sind höchst seltene Erscheinungen,
sogenannte Jahrhundertpflanzen, im Verhältniss zur Gre-
sammtzahl der Erdbewohner nicht einmal der Tausend
Millionste Theil, Sie müssen aufgesucht werden, wenn man
sich nicht mit näher liegenden geringeren Erscheinungen
befriedigen will. Vielleicht wird ihm auch das Glück zu
Theil, sich an die Männer des Aufrufs in Wien wenden zu
können, welche eine derartige Prüfung mit einem Medium
beabsichtigen und in unserem Journale (siehe Umschlag
des Februar-Heftes) Schritte dafür gethan haben. Das
Nähere ist in unserer Bedaction zu erfahren.
Wir gehen hinweg über die dem Verfasser für das
logische Denken so verderblich scheinende spiritistische
Lehre und überlassen es ihm, nach gewonnener Erfahrung
an Stelle des der Welt nicht mehr genügenden gläubigen
Haltes einen besseren, auf seinem logischen Denken beruhenden
ausfindig zu machen, als der des modernen Spiritualismus
ist. Wir sind gespannt auf diese Verbesserung,
So lange sie nicht erfolgt ist, wird dem Spiritualismus die
Initiative in Aufstellung einer neuen sittlichen Beform und
Weltreligion als sein Vorrecht zuerkannt werden und bleiben
müssen. Wir freuen uns aber, dass Herr Dr. L. doch so
vorurtheilslos und gerecht gewesen ist, am Schlüsse seines
Artikels die Stellung der Wissenschaft zum Spiritismus
wenigstens in seinem Vordersatze dahin zu formuliren, daas
wir nicht Alles in ihm als beabsichtigten Schwindel
von uns weisen dürfen. Der Nachsatz, dass er
das Product eines irregeleiteten Denkens und daraus folgender
*) Siehe unsere folgende „Notiz für spiritualistische Reisende nach
England und Amerika,* III. Abth. — Die Red.
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1877/0128