Institut für Grenzgebiete der Psychologie und Psychohygiene, Bibliothek, Frei122-Z5
Aksakov, Aleksandr N. [Begr.]
Psychische Studien: monatliche Zeitschrift vorzüglich der Untersuchung der wenig gekannten Phänomene des Seelenlebens
4. Jahrgang.1877
Seite: 243
(PDF, 155 MB)
Bibliographische Information
Startseite des Bandes
Zugehörige Bände
Parapsychologie und Grenzgebiete der Psychologie

  (z. B.: IV, 145, xii)



Lizenz: Creative Commons - Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 4.0
Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1877/0251
Gottfried Gentzel: Joseph von Copertino, d. fliegende Heilige* 243

grösste Anstrengung kostete, imr das gewöhnlichste Latein
zu erlernen; war er andererseits durch seine streng ascetische
Frömmigkeit, deren schlagendes Herz die inbrünstige Verehrung
der „Mutter Gottes" war, zu eiuer so wunderbar
tiefen Einsicht in geistlichen Dingen gelangt, dass gelehrte
ürdensleute gestanden, die Unterredungen mit ihm seien
ihnen mehr nütze, als alle ihre Studien. Er durchschaute
gleich einer Somnambule den Seelenzustand und die Gedanken
Aller, die ihm nahten, hatte die Gabe der AVeis-
sagung und ist zweimal in seinem Leben als Doppelgänger
erschienen. Doch ich breche hier ab, um nach seinem mit
Belegen aus den Process-Akten versehenen Leben von Pastro-
vicchi (deutsch: Lucern, 175.°)) jene erwähnte Eigenschaft
des Schwebens und Fliegens durch einige Beispiele aus
seinen Ekstasen näher zu beschreiben und zu erhärten.

Diese Entzückungen Josephs waren nach dem Zeugnisse
seiner Prozesse so häufig und anhaltend, dass in 35 J ahren
er von seinen Obern mit den andern Brüdern im Chor zu
den Bittgängen — die Franziskaner sind bekanntlich ein
Bettelorden — auch im Speisesaal nicht zugelassen wurde.
Eine solche Entrückung pflegte dann stets einzutreten,
wenn irgend etwas gleich einem einfallenden Funken die
Inbrunst seiner Andacht auflodern Hess; ob man ihn in
diesem Zustande mit Nadeln stach oder mit Feuer brannte
oder mit dem Finger in die Augen fuhr, er empfand nicht
das Mindeste davon. Dann flog sein Leib mit der entzündeten
Seele davon, gewöhnlich nach einem bestimmten
Ziele, von dem er auch mit voller Sicherheit zurückzukehren
pflegte, eine Fähigkeit, welche sich von den blossen Erhebungen
, die nicht so selten sind, noch bestimmt als ekstatischer
Flug unterscheidet. Einst hatte er zum heiligen
Weihnaehts-Abend einige Hirten zur Verehrung des „himmlischen
Kindes" eingeladen. Kaum vernahm er den Schall
ihrer Pfeifen, als er zuerst aus übermässiger Freude zu
tanzen begann, dann aufseufzte und endlich mit lautem
Geschrei einem Vogel gleich von der Mitte der
Kirche fünfzig Fuss weit bis auf den Hochaltar
durch die Luft flog. Er schwebte dort eine Viertelstunde
lang, indem er das Tabernakel umfasste. Keine
der brennenden Kerzen, welche in Menge den Altar
schmückten, fiel herunter, und kein Theil seines Gewindes
fing Feuer. Gross war das Erstaunen der Hirten, nicht
geringer die Verwunderung seiner Ordensbrüder, wie der
Einwohner von Copertino, als er einst mit einem Chormantel
angethan, einer Procession am Franciscusfeste
beiwohnen sollte. Denn plötzlich flog er auf die

Iii*


Zur ersten Seite Eine Seite zurück Eine Seite vor Zur letzten Seite   Seitenansicht vergrößern   Gegen den Uhrzeigersinn drehen Im Uhrzeigersinn drehen   Aktuelle Seite drucken   Schrift verkleinern Schrift vergrößern   Linke Spalte schmaler; 4× -> ausblenden   Linke Spalte breiter/einblenden   Anzeige im DFG-Viewer
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1877/0251