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290 Psychische Studien. IV. Jahrg. 7. Heft. (Juli 1877.)
„wissenschaftliche" oder „philosophische" Erörterung der
spiritualistischen Erscheinungen und Probleme „a priori* in
die Hand zu nehmen und mit solchen Erörterungen in
' Zeitungsartikeln, Broschüren und selbst Büchern in die
Oeffentlichkeit zu stürzen. Zeugt diess auf der einen Seite
— und soweit mögen wir es als eine erfreuliche Erscheinung
willkommen heissen — für das zweifellos allgemein
erwachte Interesse für den Spiritualismus, so muss diese
Art der Behandlung seiner Probleme doch von allen Kundigeren
für eine durchaus unreife und nutzlose erklärt
werden, von welcher wir anstatt Aufklärung nur Verwirrung
der Begriffe erwarten können. Die meisten
der Verfasser der Schriften über die spirituellen Erscheinungen
, welche eben in der deutschen Zeitliteratur in Gang
zu kommen scheinen, möchten, soweit es mir davon Kennt-
niss zu erlangen vergönnt gewesen ist, nur Zeugniss für ihre
eigene gänzliche Unbekanntschaft mit den Tbatsachen, und,
nicht in wenigen Fällen, für eine diese noch übertreffende
dünkelhafte TJeberweisheit und Anmaassung ablegen. "Wenn
diese Herrn, welche a priori vom Dreifusse irgend eines
fertig gemachten Schulsystems aus, den Spiritualismus zu
vernichten versuchen, sich statt dieser unnützen Arbeit dia
Mühe geben wollten, jeder in seinem Kreise die etwa günstigen
Bedingungen für die Herbeiführung und Beobachtung
spiritualistischer Erscheinungen zu benützen, so würde
diess nicht nur in einigen, sondern in vielen Fällen zu erfolgreichern
Ergebnissen führen, und damit mancher brauchbare
Beitrag zur Förderung der modernen Geistwissenschaft
geliefert werden können. Da^u gehört aber vor Allem,
dass man sich entschliesst, einen überkommenen und bisher
als bequem erfundenen Standpunkt bei Seite zu setzen,
mit jedem Vorurtheil, es trage eine noch so „wissenschaftliche
" Maske, zu brechen, und sich der Wirkung der Thatsachen
, sie möge führen, wohin sie wolle, zu öffnen.
% Können die Herren, welche jetzt soviel Tinte über den
Spiritualismus vergiessen, ohne auch nur mit dem ABC
desselben aus eigner Erfahrung bekannt zu sein, diess
nicht über sich gewinnen, so mögen sie mit ihrer nutzlosen
Sisyphus-Arbeit fortfahren; der Stein, der Stein der Thatsachen
wird ihnen, und wenn sie ihn auch auf die Höhe
ihrer a priori-Spekulation hinaufgewälzt zu haben meinen,
doch wieder entschlüpfen, und sie zuletzt, wenn sie nicht
vorher die undankbare Anstrengung aufgeben sollten, unter
seinem Gewichte begraben. Die Geschichte des modernen
Spiritualismus selbst — wie wir glauben das Ergebniss
eines weisen tiefangelegten Planes höherer und
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