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Psychische Studien, IV. Jahrg. 7. Heft. (Juli 1877.) 315
Dr, Wyld über die Philosophie des Spiritualismus.
(An den Herausgeber des „Spiritualist" in London, Nr* 189, p. 166.)
Geehrter Herr! — Es scheint mir, dass die Ansicht,
welche ich viele Jahre lang in Betreff der dynamischen
Constitution der physischen Körper unterhalten habe, wenn
auch nicht erklärt, so doch wenigstens uns befähigt, die
behauptete Erscheinung jener Darstellungen, welche nach
der moder.nen Sprache „materialisirte Geister -Gestalten"
genannt werden, als möglich anzunehmen.
Obgleich ich kein Spiritualist bin, da ich nicht Ge- •
legenheit hatte, Zeuge zu sein und für mich selbst zu ur-
theilen, so bekenne icii mich doch nicht als einen Solchen,
welcher Erscheinungen mit Verachtung behandeln kann,
die durch so viele anscheinend competente und glaubwürdige
Personen in England und Amerika bestätigt sind. Vielleicht
mag es einige Thier Leser interessiren. wenn ich erkläre,
welches der Einfluss meiner Theorie auf den Spiritualismus
zu sein scheint, oder was wenigstens diese abnormale»
Manifestationen betrifft, auf die ich Bezug genommen habe.
Um also zu beginnen, so glaube ich nicht an die Materie
in dem gewöhnlichen Sinne des Wortes. Die Atome, aus
welchen alle sichtbaren und greifbaren Dinge bestehen,
halte ich für blosse Kraft-Centren. Ich gab meine Gründe
für Aufrechthaltung in einer Abhandlung, welche ich vor
der Royal Society zu Edinburgh (im März 1865) verlas,
und desgleichen in einem jüngst erschienenen Werke: —
„The Physies and Philosophy of the Senses (Die
Natur und Philosophie der Sinne)," im 1. Kapitel. Es
wird von den Philosophen anerkannt, dass wir niemals die
Materie, d. h. das Substrat oder die den physischen Körpern
unmittelbar zu Grande liegende Ursache, wahrnehmen»
Wir werden uns bloss gewisser Darstellungen lokalisirter
Kraft oder Energie bewusst, so z. B. der Festigkeit, der
Widerstandskraft der Schwere und der Kraft der Trägheit,
welche auf verschiedene und besondere Weisen wirken.
Die Körper sind sichtbar wegen ihrer Abstossung leuchtender
Vibrationen, welche das Auge berühren. Geschmack
und Geruch sind ebenso einer Einwirkung auf die Nerven
dieser Sinne zuzuschreiben. Alle diese Körper-Eigenschaften
schliessen offenbar Energie oder Kraft in sich ein, und wir
werden uns über nichts Anderes als Kraft, oder die Resultate
von Kraft, in einem physischen Körper bewusst; physische
Körper können daher ehrlicher Weise nicht als natürlich, sondern
nur als dynamisch oder spirituell betrachtet werden. Ihre
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