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324 Psychische Studien. IV. Jahrg* 7. Heft. (Juli 1877.)
Die genauen Antworten auf des Kritikers Fragen
werden vermeintlich durch „unbewusste ideo - motorische
(gedanken-erregende) Thätigkeit" erklärt, welche gleich der
„unbewussten Cerebration oder Gehirnthätigkeit" alle Erscheinungen
, vergangene, gegenwärtige und zukünftige, erklären
soll. Betreffs der letzteren Erscheinung sagt er: —
„Die Kunst, durch welche die rothen Buchstaben erzeugt
wurden, ward durch die Untersuchungen unserer ärztlichen
Freunde entdeckt."*) Wenn der Kritiker meiner schlichten
Behauptung von Thatsachen, welche von ausgezeichneten
Zeugen bestätigt werden, nicht glauben will, wie darf er
erwarten, dass seine Leser diesen Behauptungen auf das
einfache Wort eines anonymen Schriftstellers hin glauben
werden? Seine „lächerliche Leichtgläubigkeit," um seinen
eigenen rohen, aber bezeichnenden Ausdruck zu gebrauchen,
verräth sich stark in seinem versteckten Glauben an einen
sichtlich übertriebenen Bericht, der von dem wohlbekannten
Robert Houdin über die Art und Weise gegeben wird, in der
er und sein Sohn einige ihrer Kunststücke zu Stande brachten.
Es ist komisch zu bemerken, wie Dr. Carpenter durch
den Quarterly Review-Artikel hervorgehoben wird. Der
Kritiker verräth durch den ganzen Artikel unbewusst seine
verborgene Ueberzeugung, dass Dr. Carpenter als die Haupt-
Autorität hinsichtlich der feinen psychologischen Fragen,
welche in den sogenannten spiritualistischen Phänomenen
mit enthalten sind, zu betrachten sei. Die Theorien der
tiefsinnigen Psychologen Deutschlands, von denen unserer
eigenen Landsleute zu schweigen, sind den Hypothesen des
Dr. William Carpenter ganz dienstbar gemacht. Ein zweifelloser
und verblendeter Glaube an das, was Dr. Carpenter
über unsere Geistesoperationen sagt, hat den Kritiker**)
*) Vergl. daselbst, Seite 366 und 367. — Der üebers.
**) Welcher, wie in den „Psych. Stud.," I. Jahrg. 1874, S. 172 ff.
und Seite 458 ff. zur Genüge vom Herausgeber nachgewiesen ist, Dr.
fV. B. Carpenter selbst ist. — Sein ganzes Verdienst, auf welches
sich Dr. Carpenter mit solchem Aplomb stützen könnte, wie er es
gegenüber seinem jüngeren Collegen in der Royal Society nach dem
Vorhergehenden gethan hat, besteht ausser seinen früheren physiologischen
Arbeiten nur in der Theilnahme an jener ersten wissenschaftlichen
Tiefseeforschung, welche im Sommer 1869 und 1870 den
Herren Wyville Thomson, Gwyn Jeffreys und ihm auf dem von der
englischen Admiralität auf Anregung der Royal Society ausgerüsteten
Vermessungschiffe „Porcupine" übertragen war. Doch sind deren
Kesultate längst durch die 1875 erfolgte „Challenger-Expodition"
aufs glänzendste überholt worden. Er hat seine damals ausgesprochenen
Ansichten schon vielfältigmodificirenmüssen. Siehe »Die Resultate
der neuesten Tiefseeforschungen" von Dr. G. von Boguslarvsky
in „Die Natur" (Halle, G. Schwetschke) Nr. 21 v. 21. Mai 1877. —
Der Uebersetzer.
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