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Kurze Notizen. 333
denselben auf die natürlichste und richtigste Weise: es sei
nur ein Symptom der äussersten nervösen Ueberreiztheit.
„Wegen der Veröffentlichung der Lassalle1 sehen Rede
wurde ich angeklagt und später auch bestraft. Ich sollte
durch diese Veröffentlichung die Düsseldorfer Richter erster
Instanz beleidigt haben. Ich schrieb an Lassalle nach Rigi
Kaltbad, ob ich ihn bei den bevorstehenden Verhandlungen
als Zeugen laden dürfe, und ob er kommen werde? Der
Brief blieb unbeantwortet. Es war natürlich. Zwei Tage
später meldete eine Depesche den Tod Ferdinand Lassalle's."
— Können wir hierbei wohl noch fragen: war das eine bestimmte
Todesvorahnung von beiden Seiten, oder nur einer
jener beliebten Zufälle, die unsere überreizten Nervensysteme
noch hinterdrein koboldartig mit ihrer zweiflerischen Unge-
wissheit necken?
c) Ueber das „Mal-occhio" oder den „bösen Blick" der
Italiener bringt „Das Ausland'' in No. 20 und 21 d. J.
zwei interessante Artikel von Dr. Rudolf Kleinpaul und Dr.
M. G. Conrad, die wir zur Leetüre empfehlen. „Unter den
Mönchen," sagt Letzterer, „sind besonders die Capuciner
als Jettatori (mit dem bösen Blick behaftete Zauberer)
berüchtigt. Wie die armen Kuttenträger dazu gekommen
sind, ist heute schwer festzustellen; sicher ist dieses Vor-
urtheil schon sehr alt. Schon im 9. Jahrhundert wird in
einer Schrift des Bischofs Landolf von Capua darauf
angespielt (. . . . „quoties Monachum visu cerno, semper
futura dies auspicia tristia subministrat," d. h. „So oft ich
einen Mönch erblicke, stets bringt mir der folgende Tag
traurige Aussichten.")
d) B. Freiherr v. Liliencron berichtet im 6. Kapitel
seiner höchst interessanten, über die Entstehung von
Shakespeare^ Hamlet" geschriebenen Novelle: „Die siebente
Todsünde" („Ueber Land und Meer"' No. 34/1877,) dass
sich dem Dichter „z. B. der Zweifel, ob das Gespenst nicht
etwa nur ein täuschendes Trugbild der Hölle sei, durch die
Denkutigsweise des XVI. Jahrhunderts nicht nur als
gerechtfertigt, sondern geradezu als geboten erwies. Denn
es war die ganz allgemeine und namentlich auch von kirchlicher
Seite, gepflegte Ueberzeugung der Zeit, dass Greister-
erscheinungen zu den möglichen und durch zahlreiche geschichtliche
Thatsaehen erwiesenen Dingen gehörten, dass
aber der Teufel sich gerne dieses so bequemen Mittels der
Täuschung bediene, um die Menschen ins Verderben zu
locken. Das lehren zahlreiche Bücher aus jenen Tagen,
welche vom Teufel oder vom Hexeuwesen handeln. Kein
gottestürchtiger Zuschauer würde es daher dem Hamlet ver-
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