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346 Psychische Studien. IV. Jahrg. 8. Heft. (August 1877.)
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wahrend den Schreibens über irgend etwas Anderes unterhalten
oder auch lesen könne, und von dem, was er sehreibe
oder geschrieben, nur Kenntniss erhalte, wenn er mit der
Absicht des Lesens seine Augen darauf richte. — Ich bin.
ehe ich zur Hauptsache, dem Inhalte der für mich geschriebenen
Antworten, übergehe, bei der Beschreibung der
Aeusserlichkeiten absichtlich so umständlich ins Einzelne
eingegangen, um die Leser zur Bildung eines eigenen Ur-
theils über jene Hauptsache besser in Stand zu setzen. Es
gehört ohne Zweifel die Kenntniss der berichteten Einzelheiten
dazu, um in Anderen die Ueberzeugung zu begründen,
zu welcher ich selbst genöthigt wurde, das<* es für die durch
Herrn Mansfield erhaltenen Mittheilungen Verstorbener an
uns in der That kaum eine andere Erklärung giebt,
als die von ihm seihst gegebene. Tch glaube dargethan zu
haben, dass von der Annahme einer groben taschenspielerischen
Kenntnissnahme von dem Inhalte der geschriebenen
Anfrage in der That abzusehen ist. Eine solche würde
schon durch die Beschaffenheit des Papieres, welches erst
umgebrochen aus den Händen des Schreibenden kommt,
durch das Schreiben mit der Bleifeder in einer dem Medium
ganz fremden Handschrift und durch den Umstand, dass
Alles im vollen Tageslichte und unter zwei genau beobachtenden
und gewöhnlich sehr mißtrauischen Augen \or sich
geht, sehr unwahrscheinlich werden. Nach Beseitigung
dieser Annahme würde die Frage entstehen, ob Herr J/.
mit einer Feinheit und Empündliehkeit der Nerven der
Fingerspitzen begabt sein könne, welche es ihm, nach dem
Beispiele der auf diesem Wege Farben zu unterscheiden
fähigen Blinden ermöglichte, durch mehrfache Papierbogen
hindurch Buchstaben und Schriftzüge wahrnehmen
und entziffern zu können. Eine solche Begabung würde
aber, abgesehen davon, dass Herr Sl. kein Blinder ist,
nicht weniger wunderbar sein, als irgend eine mediumistische,
und ihr Besitzer brauchte sich, um sie zur (Quelle des Erwerbes
zu machen, offenbar mit einer wirklichen Beantwortung
des mit den Fingerspitzen Gelesenen oder Gefühlten,
nicht weiter anzustrengen. Diese Begabung allein würde
hinreichen, ihn zu einem gesuchten wissenschaftlichen"
Wunder der "Welt zu machen, welchem eine reichere Ernte,
als sie einem Medium zuTheil zu werden pflegt, nicht entgehen
würde. Wir haben ferner jeden Gedanken an die
Analogie der Mansfie/d'scken Operationen mit dem Lesen
Hellsehender* (Clairvoyance) mit Stirn, Magengrube etc.
abzuweisen, da man sich jeden Augenblick von der That-
sache überzeugen kann, dass bei unserem Medium von einem
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