http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1877/0466
.458 Psychische Studien. IV. Jahrg. 10. Heft. (October 1877.)
Centrum der Schule genannt, weil er theologisch freier
dachte als die übrigen oder doch die meisten des rechten
Flügels. Schon in der Schelüng*'sehen Schule war eigentlich
der analoge Gegensatz eines rechten und eines linken Flügels
vorhanden, ohne dass man diese Benennung gebrauchte.
Da aber die Schellijig^vlw Philosophie immer im Werden,
in der Entwicklung begriffen, war und noch keinen Abschluss
gefunden hatte, so achtete man weniger auf den Gegensatz
der beiden Flügel, wiewohl er nicht ganz unbemerkt blieb.
Man musste aber höchlich überrascht davon werden, dass
in dem geschlossenen System Hegels ein solcher Gegensatz
Milien rechten und eines linken Flügels hervortreten konnte.
In einem so durchgebildeten System hätte man nur eine
und dieselbe Auffassung und Auslegung für möglich halten
sollen; trat nun dennoch ein tiefgehender Zwiespalt der
Schule hervor, den wir auf die theistische ui«d die panthe-
istisobe Auslegung zurückführen können und müssen, so
musste der Grund davon in dem System selbst liegen und,
sobald man diess erkannt hatte, musste es um das hohe
Ansehen dieses Systems, den Nimbus der Scheinsystematik,
mehr und mehr geschehen sein und die Auflösung der
Hegel'schen Philosophie war unausweichlich geworden. Bosenkranz
, anst.itt die Auffassung und Auslegung des linken
Flügels der Schule in der Hauptsache als die richtige anzuerkennen
und nun selbstständig seinen eigenen theistischen
Weg zu gehen, bemühte sich in einer Reihe von Schriften
vergeblich, seine theistische Auffassung Hegels zur (Geltung
und Anerkennung zu bringen. Konnte ihm diess nicht gelingen
, da der pantheistischo Oharacter der Hege f sehen
Philosophie zu offenbar ist. mochte auch Hegel selbst seltsamerweise
gegen fliese Auslegung Widerspruch einlegen,
so ist es doch Rosenkranz mit seinem Theismus voller Ernst,
nämlich so, wie er den Theismus versteht, und im Grunde
versteht er ihn nur im Sinne des Persönlichkeitspantheismus,
womit er dem späteren Schelling näher tritt, als er selber
zu wissen scheint. Keinem Hegelianer kinn es bekannter
sein als Rosenkranz, dass, wenn Hegel im Sinne des linken
Flügels der Schule verstanden wird, — und es sind nur
wenige Philosophen überhaupt, die ihn anders verstehen, —
sein System sogenannt idealistischer Pantheismus oder
Panlogismus ist. Dass nach dieser Auffassung die Annahme
der Unsterblichkeit und die eines persönlichen, von der Natur
und Geschichte sich unterscheidenden Gottes fortfällt, drückt
er (S. 230) mit den bestimmtesten Worten aus. Da nun
doch aus dem linken Flügel der HegePschen Schule mehrere
sehr einflussreich gewordene Ueberläufer zum Materiaiismus
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1877/0466