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474 Psychische Studien. IV. Jahrg. 10. Heft. (October 1877.)
sich vielleicht verlohnen, wenn ein sorgfältiger Forscher
auf diesem Gebiete wiederholt den Quellen nachginge und
den historischen Pluss derselben verfolgte.
k) Vor einiger Zeit ging der Redaction eine kleine
Flugschrift von 14 Seiten 8° von einem Herrn C. G. Voigt
in Chemnitz, Königstrasse 13 zu? unter dem Titel: — „Die
wahre Religion und über Liebe und Ehe, durch
Führung der Hand von Gott erhalten," — mit dem
Motto: „Wer Unsinn darin sucht, soll es lesen, so wird er
Verstand finden!" Die Wahrheiten, welche diese Flugschrift
über Religion, Liebe und Ehe sonst enthalten mag,
werden aber in ihrer Wirkung für die Oeffentlichkeit vollständig
paralysirt oder gelähmt durch obigen Titel und
die Erklärung des Vorworts: —* „Es ist eine Schrift, zwar
von Menschenhand geschrieben, aber rein automatisch —
denn es ist Gott, der die Finger bewegt/4 — Wir haben
es sonach mit einem sog. Schreibmedium zu thun, welches
die wahre Quelle seiner Manifestationen, die eine rein
geistige sein kann, von Gott aber in der dritten Person
spricht, leider nicht erkannt hat. Gott Selbst hat also
sicher nicht durch seine Hand geschrieben, wir müssten
denn alle unsere Thätigkeiten direct auf eine unmittelbare
oder directe Einwirkung Gottes zurückführen, der solches
doch nur mittelbar bewerkstelligt. Nach des Verfassers
Anschauung schriebe dann auch Gott durch unsere Redaction
gegen Sich Selbst, indem sie dem Schreiber der Flug'
schrift seine irrige Ansicht widerlegt. „Prüfet Alles, und
das Beste behaltet!"
I) Eine recht interessante kleine Schrift ist: — „Die
Unsterblichkeitsfrage4" von Dan. Grimm. Pfarrer in
Bischweiler im Unter-Elsass (Bischweiler, Friedr. Post. 1876)
7$ S. in 16° — mit dem Motto Goetheh: „Ich bin geneigt,
mit Laurenzius von Medicis zu sagen, dass die, welche keine
Hoffnung für ein anderes Leben haben, schon todt sind für
dieses Leben." — Im Vorwort wendet sich der Verf. gegen
Die, welche die Möglichkeit bestreiten, über ein bewusstes
persönliches Fortleben nach dem Tode zu einer genügenden
Gewissheit zu gelangen, auf anderem Wege als auf dem
des blinden kirchlichen Autoritäts- oder Schriftglaubens.
Er will von aller überlieferten Lehre und äusserlichen
Autorität absehen und sich bei seiner Untersuchung nur
auf rein wissenschaftlichen Boden stellen. In IG Kapiteln
behandelt er kurz und bündig, aber treffend die Uebcrein-
stimmung der Völker im Unsterblichkeitsglauben und deren
Beweiskraft, die höheren Triebe unseier geistigen Natur,
die Notwendigkeit dieses Glaubens für das sittliche und
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