http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1877/0508
500 Psychische Studien. IV. Jahrg. 11. Heft. (November 1877.)
Abends zu dem nach meiner Meinung das geheime Kunststück
, wenn es ein solches wäre, sicher erkunden könnenden
Herrn Professor. Er empfing uns höflich und hörte sich
ruhig meinen ihm allerdings von vorn herein seltsam klingenden
Vortrag an, den ich so geschickt wie möglich einzuleiten
suchte. Ich berief mich auf den mir gewordenen
Auftrag von hochgestellten Personen Petersburg^ und bat
ihn um geneigtes Gehör für dab, wa» ich heut mit der mitgebrachten
Schiefertafel erlebt habe. Ich gab ihm alle
Data meiner gemachten Beobachtungen — und er sah sich
die Schiefertafel an. Aber am Schluss erklärte er uns mit
lächelndem Munde: ,,Meine Herren, Sie haben es mit einem
äusserst gewandten Prestidigitateur zu fchun gehabt — die
unsrigen leisten schon Erstaunliches, die amerikanischen oft
noch mehr —- ich bin zu meinem Bedauern nicht in der Lage,
mich auf eine derartige Untersuchung einlassen zu können, bei
der ich für den Anfang vielleicht, ebenso wenig wie Sie zu
erkunden vermöchte. Ich danke Ihnen für Ihr Vertrauen
und empfehle Ihnen die grösste Vorsicht." — Trotz noch einiger
Reden und Gegenreden, weiche ihn von der gänzlichen Un-
gefährlichkeit dieser Untersachung etwa für seinen Ruf
überzeugen sollten, blieb er bei seiner Resolution, und wir
empfahlen uns höflichst, mit ganz eigenen Gedanken.
Seine Behauptung, Mr. Slade sei ein Prestidigitateur,
dünkte mir gegenüber so vielen Zeugnissen ihm au Wissenschaft
gleich hoch stehender Männer, wie ein ffare und
Edmond's, Wallace und Crookes waren und noch sind, und
gegenüber dem Glauben so vieler Millionen Spiritualisten
und Spriritisten auf beiden Seiten des Atlantischen Ozeans,
welche an dergleichen mediumistische Erscheinungen, deren
alleiniger Träger keineswegs Mr. Slade ist, da er doch nur
einige wenige sog. physikalische Phänomene darbietet,
mit innerster Ueberzeugung glauben, geradezu gesagt, doch
nur ein noch ganz unbewiesenes Vor-Urtheil. Im Wege
vereinzelter Beobachtungen ist hier nichts zu entscheiden;
es muss vielmehr eine streng geschlossene, methodische,
exact-wissenschaftliche Untersuchung und Prüfung dieser
Phänomene mit der ehrlichen Absicht eintreten, die Ungläubigen
wie die Gläubigen, welche in letzter Instanz
beiderseits an den Lippen ihrer Wissenschaftslehrer hängen,
mit schlagenden Gründen für oder wider die behauptete
wirksame Geisteskraft einzunehmen. Wer verurtheilt, muss
auch seinen Urtheilsspruch begründen und auf bestimmte
und unwiderlegliche gegebene Facta stützen können. Selbst
einem Verbrecher muss dieses Recht zu theil werden. Mit
blossen logischen Schlüssen ä priori ist hier ebenso wenig
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1877/0508