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56 Psychische Studien. V. Jahrg. 2. Heft (Februar 18 < 8.)
unerklärliche Thatsache hört aber dadurch nicht auf, ein
Wunder zu sein, dass sie alltäglich unter unseren Blicken
eintritt, im Vergleich zu anderen unerklärlichen Thatsachen,
welche nur seltener und unter weniger leicht reali-
sirbaren Bedingungen eintreten.
„Ich habe bereits in meiner ersten Abhandlung „über
"Wirkungen in die Ferne" (S. 209)*) darauf hingewiesen, dass
das vorige Jahrhundert, als ein der Epoche Nervtoris näher
stehendes, in der Erkenntniss dieser einfachen Wahrheit
unserem, auf seine geistigen ErruDgenschaften so stolzen,
neunzehnten Jahrhundert weit überlegen war. Man hielt
Menschen, welche glaubten, alle materiellen Veränderungen
der sichtbaren Welt könnten nur durch zufälliges Zusammentreffen
einer unendlichen Zahl von Atomen erklärt
werden, die sich nur unter dem Einfluss mechanischer,
d. h. eicht intelligenter Kräfte bewegten, einfach für nicht
bei 'gesunden Sinnen'.
„Denn nur 10 Jahre nach dem Erscheinen der ersten
Auflage von Newton's Principien im Jahre% 1696 erklärte der
berühmte holländische Physiker Nikolaus Hartsoeker, der
Lehrer Peters des Grossen, wörtlich: —
'Ich glaube, dass niemals ein Mensch von gesunden
Sinnen je ernsthaft hat überredet werden kommen, dass sich
die sichtbare Welt durch das zufällige Zusammentreffen
einer unendlichen Zahl von Atomen gebildet habe, ohne dass
die Vorsehung eines allmächtigen Wesens dieselben in diejenige
Ordnung versetzt und gebracht habe, in welcher wir
sie wahrnehmen. Es würde diess unendlich viel unbegreiflicher
sein, als wenn alle Buchstaben, welche in der Aenei'de
Virgit's vorkommen, zufällig durcheinander geworfen, sich
dergestalt angeordnet hätten, dass die Dichtung in einer
solchen Gestalt zum Vorschein gekommen wäre, wie sie der
Dichter coneipirt hat.' fVgl S. 212.)
„Denselben Gedanken spricht Nervton im dritten Buche
seiner Principien aus, indem er sagt: —
'Aus einer blinden metaphysischen Notwendigkeit,
welche überall und immer dieselbe ist, entspringt keine
Veränderung. Die ganze in Bezug auf Raum und Zeit
verschiedene Anordnung der vorhandenen Dinge konnte nur
aus den Vorst eilungen und dem Willen eines noth-
wendig existirenden Wesens hervorgehen/ (Original vergleiche
S. 1.)
*) Wir werden später in einem besonderen Artikel auch auf die
seltene, aber gut begründete Theorie dieser denkwürdigen Abhandlung
über Wirkungen in die Ferne noch eingehender zu sprechen kommen. —
Die Redaction.
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