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62 Psychische Studien. V. Jahrg. 2. Heft. (Februar 1878.)
geklammert an der Hand des Zweifels, hinaus auf das unbekannte
Element, so muss stets das Senkblei nach Grund
suchen, den unsichern Verstand zu beruhigen. Aber was
ist der kurze Faden gegen die unermessliche Tiefe?! Wendeten
wir dieselbe kritische Schärfe und Vorsicht auch
gegen unsere eigenen Zweifel, durchforschten wir so gründlich
die Argumente, auf welchen sie beruhen, wie wir es
mit den räthselhaften Erscheinungen thun, so würde manches
unhaltbar, manches phantastischer gefunden werden, als die
Thatsachen, denen wir es gegenüberstellen. Aus Angst
vor einer logischen Inconsequenz gerathen wir in Widersprüche
mit uns selbst, deren wir uns auf keinem andern
Gebiete mit ruhiger Ueberlegung schuldig raachen würden.
Man kann diess in den Aussprüchen der vorurteilsfreisten
Forscher beobachten, wie man sich selbst auch bei erfahrenen
, überzeugenden Thatsachen auf solchen Irrwegen
oftmals ertappt.
Es ist mir diese Beobachtung auch im Schluss-Artikel
des interessanten Auszugs von Baron L. Heilenbach9
s: — „Ein Kapitel Erfahrungen an anormalen
Organisationen" vorgekommen, der gewiss ein
geistreicher, ehrlicher und ziemlich skeptischer Forscher ist.
Baron H bespricht seine Wahrnehmungen über das Medium
Miss Fowler und erörtert die Vorsichtsmaassregeln, welche
getroffen waren, dem Medium jede Täuschung unmöglich
zu machen. Wir müssen demnach voraussetzen, dass nichts
versäumt wurde, diese Unmöglichkeit ohne alle fremde Hülfe
haltbar und unlösbar zu machen. Wie ist dann der vague
Gedanke an Taschen spiele rkunst verständlich, deren
Macht, im erwiesenen Falle, wirklich jener der Geister
gleichstände? Bedürfen die Medien einer physischen
Hilfe, so sind sie überhaupt Taschenspieler, und bringen
sie Experimente mit Hilfe der Geister zu Stande, so
würden sie bei einzelnem im Stichelassen derselben d'irch
die eigene, plumpe und bemerkbare Nachhilfe ihren ßuf,
d. h. ihren Broterwerb, mehr gefährden, als durch ein zeitweiliges
Misslingen eines Experiments, welches geschickten
Physikern mit ihren Faktoren ebenso passiren kann, wie
bei dem Zusammenwirken der fremden geistigen Kraft mit
jener des Mediums. Taschenspieler stellen uns Dinge
vor Augen, deren mechanischen Zusammenhang wir nicht
begreifen; aber wir beruhigen uns dabei mit dem Erfahrungssatz
: dass sie natürlich sein müssen, weil sie möglich sind.
Aber der Taschenspieler giebt dem Zuschauer nur, was er
ihm geben will, und wenn er scheinbar manches der Wahl
desselben überlässt, so hat er dafür gesorgt, dass diese nicht
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