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80 Psychische Studien, V. Jahrg. % Heft* (Februar 1878*)
und die Ansichten gehen erst auseinander, wo es sieh um
nähere Bestimmungen des göttlichen Geistes, und besonders,
wo es sich um genaue Fassung des Schöpfungsbegriffs handelt
. Daher streifen einige Spiritualisten (Spiritisten) an
deistische Vorstellungen an, während die Mehrheit einer
Ii albatheistischen oder persönlichkeits-pantheistischen Richtung
zuneigt. Pankosmistische Neigungen, sich etwa an eine
absolute Monadologie anlehnend, wie sie philosophisch bei
Drossbach und Bahnsen vorkommt, sind seltene Ausnahmen,
wie sich eine solche z. B. bei Dr. R. Sylvan verräth, der in
Nr. 3 seiner Brochüren: „Spiritistisches" das Geschaffensein
der Materie und der Welt überhaupt nur insofern nicht
apodictisch (leugnet, dass er ruhig abwarten zu wollen erklärt
, was er bezüglich Gottes später als ^om Lebenskörper
befreiter Dunst aufzufinden im Stande sein werde.
Aber es gibt innerhalb der spiritualistischen Bewegung
noch andere Gebrechen, Schäden, Irrungen und Missbräuche,
Wirrnisse, welche die Kritik auf das Entschiedenste herausfordern
. Wir stimmen Camille Flammarion zu, wenn er sagt:
„Der natürliche Somnambulismus wie der Magnetismus und
Spiritismus bieten dem ernsten Beobachter, der sie wissenschaftlich
zu erwägen weiss, die merkwürdigsten Thatsachen
dar, die allein hinreichen würden, die Unhaltbarkeit der
materialistischen Theorien zu beweisen". Wenn er aber
fortfährt: „Der wissenschaftliche Forscher beklagt es tief,
Fragen, welche die ehrfurchtsvollste Berücksichtigung beanspruchen
, durch den schamlosesten Charlatanismus ausgebeutet
zu sehen; es ist traurig, bestätigen zu müssen, dass
von hundert Kundgebungen vielleicht neun und neunzig auf
Betrug beruhen. Eine einzige wohlerwiesene Thatsache in-
dess spottet aller Erklärungen*)", so ist freilich anzunehmen,
dass er in Paris betrübende Erfahrungen gemacht haben
muss. Sollte er hier auch nicht übertrieben haben, vielleicht
Betrügereien von Somnambüleii mit spiritistischen
Manifestationen verwechselnd, so ist seine Behauptung doch
im Allgemeinen bedeutend einzuschränken, da bezüglich
spiritistischer Manifestationen in allen Ländern Betrug nur
selten nachgewiesen worden ist. Eecht aber würde er haben,
wenn er die in Amerika vorkommenden Missbräuche im
Auge gehabt hätte, die durch Fragen an die Medien geübt
werden, die unbedingt verwerflich sind, wie z. B. welche
Lotterie-Nummer ein Gewinn oder das grosse Loos treffen
werden, ob dieses oder jenes Geschäft zu übernehmen oder
%*)Camil(e Flammarion: „Gott in der Natur," deutsch von Emma
Prinzessin Schönaich-Carolath (1870), S. 233.
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