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Gr. C. Wittig: Ein sehpurpurner Netzhaut-Lichtschimmer etc. 133
auf der Hand und erklärt sich die oben angeführte
Entdeckung Boll9 s und Kit h ne9 s einfach
dadurch, dass das Licht dieselben zur
Zusammenziehung veranlasst und damit
erbleichen macht, hingegen Nachlassen
des Lichtreizes oder Dunkelheit, wie beim Augenlidschlag
, die Ausbreitung des Sehpurpurs
zur Folge hat. Dass an todten Augen die Netzhaut
nicht purpurfarben, sondern weiss oder farbloss erscheint
(in der Netzhaut der Vögel nur finden sich häufig rothe
und gelbe Körperchen), entspricht dem Verhalten der Haut
des Grasfrosches, sowohl im Ganzen, nach dem Tode, als
an einzelnen Gliedern, nach Unterbindung ihrer Gefässe,
indem hier ebenfa1!^ ein andauernder Gerinnungszustand der
Chromatophoren eintritt . . , . Kühne und Helfreich haben
schliesslich den Sehpurpur als Eigenfarbe der Netzhaut
nachgewiesen, und dass derselbe und sein Auslöschen im
Lichte unabhängig ist von dem Blutgehalte und den Pigmentzellen
der im lebenden, unversehrten Auge die Netzhaut
einhüllenden und durch sie hindurchschimmernden
Aderhaut, der tunica chorioidea. —
Hier haben wir nun eine wunderbare Wirkung des
Lichtes auf die Netzhaut und andere Nervenstäbchen der
Haut nachgewiesen, welches noch ganz anders als bloss
Radiometer bewegend, vielmehr den Sehpurpur resp. dessen
Farbenkörperchen in jedem Momente absorbirend wirkt und
dadurch auf das Innere des Nervensystems übertragbare
Netzhaut- und Empfindungsbilder der Haut zuleitet Hierbei
ist das durch den Augenlid schlag momentan erzeugte
Dunkel absolut wesentlich nicht bloss zur Bildung
eines neuen Bildes, sondern zuvor neuer, augenblicklich
entstehender Farbe körperchen. Die Analogie mit uns
bereits bekannten spiritualistischen Phänomenen, welche,
wie z. B. Mr. Stades wunderbare Schiefertafelschrift, sich
ebenfalls nur im dunklen Räume erzeugen, ist sogleich in
die Augen springend. Die Natur arbeitet eben
überall nach gleichen Gesetzen. Es wird
Sache der Forscher sein, derartige Thatsachen, welche die
Wissenschaft entdeckt hat, auf die noch so vielfältig unerklärlichen
und doch existenten Erscheinungen von dergleichen
mediumistischen Gestaltenbildungen zu übertragen, die Analogien
durch sorgfältige Vergleichung herauszufinden und
sich so einer gesetzmässigen und verständlichen Erklärung
wenigstens des Nächstliegenden zu nähern.
Gr. C. Wittig.
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