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Psychische Studien. V. Jahrg. 3. Heft. (März 1878.) 143
Oorrespondeiiz»
Herrn J. Strigel in Augsburg: — Unsere neuesten Privatschreiben
haben sich gekreuzt. Auch wir sind und bleiben mit Ihnen der festen
Ueberzeugung, dass alle Phänomene de? amerikanischen wie englischen
Spiritualismus und neueien ^Spiritismus ihre beste und sicherste philosophische
Erklärung in Andrew Jackson Davis* Werken finden, die
leider noch zu wenig gekannt und gründlich studirt sind. Nur eine
mehrjährige Belesenheit darin vermag dem ruhigen Denker und Forscher
tiefere Aufschlüsse zu geben; ein bloss flüchtiges Naschen davon verdirbt
den Geschmack und beraubt jeden Eilfertigen des köstlichsten
Genusses. Davis erklärt selbst im Vorwort zu seinem „Teachei", sich
nicht als einen unfehlbaren „Lehrer" der Wissenschaft und Philosophie
betrachtet wissen zu wollen; er wende sich nur mir. seinen
Eindrücken und Offenbarungen an die Anschauung und Vernuntt der
menschlichen Seele, soweit dieselbe (eine jede in ihrer Weise) die
natürlichen, geistigen und himmlischen Abtheilungen von Gottes universalem
Tempel zu erlassen veimöge. Daher ist keine Theorie von
seiner Betrachtung and Erwägung ausgeschlossen, auch die von Allan
Kardec nicht. Es giebt Naturen, welche nur diese erfassen und verstehen
können, wie es Millionen Menschen giebt, welche nur römiseh-
hatholisch zu glauben und zu fühlen vermögen. Eme wahre harmonische
Philosophie schliesst keine Theorie grundsätzlich aus, sondern deren
wesentlichen Kern vielmehr in sich ein. Aber sie ist nicht bloss blind
gläubig, sondern auch kritisch und in Folge dessen eklektisch nach
dem Grundsatze des Apostels Paulus: „Prüfet Alles und das Beste
behaltet 1"
Herrn Prof. Dr. Franz Hoffmann in Würzburg: — Prof. Rosenkranz
' 1872 geschriebener und jetzt wieder abgedruckter Artikel:
„Ueber den Geister- und Wunderglauben der Gegenwart" im dritten
Bande seiner „Neuen Studien zur Literatur- und Culturgeschiehte"
(Leipzig, Erich Koschny, 1877) ist uns nicht entgangen; aber er wiegt
in unseren Augen nicht mehr, als die ersten vagen Beschreibungen
der Meteore, Sternschnuppen und Kometen durch frühere Astrologen,
welche sich nur von den Erscheinungen blenden und in Schreck versetzen
Hessen, aber deren Wesen und Gesetze noch nicht zu ermitteln
verstanden. Rosenkranz ist nur ein Astrolog den Phänomenen des
Spiritualismus gegenüber — er deutet sie gerade so wunderlich. Wir
. hoffen, dass er wie alle übrigen auftauchenden philosophischen Gegner
durch Sie die beste Widerlegung von unserem Standpunkte aus
finden werde.
Frau Staatsräthin von Martins in Wiesbaden: — Der Artikel
des französischen General-Consuls Herrn Leon Favre-tlavairoz zu Triest
befindet sich bereits im Satz und wird demnächst bestimmt unter dem
Titel: „Unbekannte Medien" erscheinen. Bis jetzt konnte er wegen
seiner Länge in dem uns zu Gebote stehenden Ilaume noch nicht
untergebiacht werden. Wir freuen uns Ihres in Aussicht gestellten
persönlichen Besuches im nahenden Mai, der hoffentlich die Erfüllung
aller Ihrer Wied^rgenesungs-Wünsche für uns bringen wird.
Herrn Baron von Heilenbach in Wien: — Ihr geschätztes Schreiben
nebst Büchern erhielten wir dankbarst bereits Mitte Februar.
Letztere haben wir nach Ihren Anordnungen sogldch versendet und
bringen wir auf dem gegenwärtigen Heit-Umschlage annoncirt. Eine
kurze Bespiechung Ihrer Schriften folgt im Apiil- und Mai-Jlefte.
Wenn Sie sagen: —• „Meine zweite Schrift: 'Der Individualismus im
Lichte der Biologie und Philosophie der Gegenwart' halte ich für den
einzigen Weg, der Sache, die Sie vertreten, Bahn zu brechen, wesshalb
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