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Prof. Dr. Fr. TToffmann: Spiritistische Betrachtungen. 179
„Es dürfte wenige Menschen geben, die nicht an eine
solche (er meint durch Gebet vermittelte) Verbindung mit
ihrem Erlöser und Gott glauben/* Weiss denn Herr Lohse
nicht, dass in Deutschland seit L. Feuerbach und Schopenhauer
der Atheismus immer grössere Ausbreitung zu gewinnen
Miene macht? Eine ganze Schaar von aus Feuerbach
und Schopenhauer hervorgegangenen atheistischen
Schriftstellern könnte verzeichnet werden, welche Hunderte
und Tausende der Halbgebildeten in ihre Netze ziehen.
Der grösste Theil der Socialisten ist weit mehr noch durch
den Einfluss Z. Feuerbaclis als durch jenen Schopenhauers
dem Atheismus ergeben. Vergl. das bedeutende Werk
von Rudolf Todt: „Der radicale deutsche Socialismus und
die christliche Gesellschaft" Vergl. auch die 2. Aufl. von
Michelis' „Häekelogoiiie", S. 12, 14. Wo bleibt in diesen
weiterverzweigten Kreisen Gott und der Erlöser? Nicht
bloss die Atheisten leugnen die Unsterblichkeit, sondern
auch die sogenannten Pantheisten, die meist nur verhüllte
oder indirekte monistische Naturalisten sind. Alle diese
verhöhnen den Spiritualismus und behandeln ihn als
jeder Untersuchung unwürdig, grösstenteils weil sie in-
fallibel zu wissen wähnen, dass es mit der Unsterblichkeit
nichts sei, ja von Hartmann begnügt sich gar nicht mit der
Leugnung der Unsterblichkeit, indem er die Vernichtung
des ganzen Universums in Aussicht stellt. Seine mit hervorragenden
Geisteskräften aufgestellten Lehren wetteifern
in den Grundlagen an Ungeheuerlichkeit mit den Manifestationen
des ai)geblichen armen Siegfried, nur dass sie
bezüglich der Welt (nicht des Absoluten) eine durchaus
negative Tendenz verfolgen, während jene des armen Siegfried
eine relativ positive Tendenz haben. Wie weit sind
diese Pantheisten und Atheisten hinter Kant zurückgegangen,
indess sie wunder wie hoch über ihn sich erhoben zu haben
wähnen! Kant hatte vor mehr als hundert Jahren Anlass
durch die Nachrichten, die ihm über Swedenborg zukamen,
Fragen in Untersuchung zu ziehen, die wir heute spiri-
tualistische oder spiritistische nennen. Das Ergebniss
seiner Untersuchungen in seiner Schrift vom Jahre 1766:
„Träume eines Geistersehers erläutert durch Träume der
Metaphysik*)," Avar nun zwar kein positiv günstiges, indem
er ohne Leugnung einer Geisterwelt die Beweise für einen
Geisterverkehr nicht hinlänglich überzeugend fand und es
*) Kaufs sämmtliche Werke von Hartenstein II, 323-381. Vergl.
J. KanVb und E. Swedenborgs Visionen von Hoffmann, im Allgemeinen
literarischen Anzeiger ete. XIV. Band, 1. u. 2. Heft (1874.) — /. H.
v. Uchtes Anthropologie, 3. Auflage. (Leipzig, F. A. BrocMiaus 1876.)
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