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214 Psychische Studien. V. Jahrg. 5. Heft. (Mai 1878.)
symmetrischen Gestalten unserer Gliedmaassen (vgl. S. 224) *)
den Schlüssel zum Ver^tändniss der Welt als Vorstellung
stets bei uns.
Ich will schliesslich noch einige Folgerungen erörtern,
welche sich in Bezug auf die physikalischen Gesetze unserer
dreidimensionalen Erscheinungswelt aus der erwähnten Weltanschauung
ergehen. Es ist bereits oben bemerkt worden,
dass diese Erscheinungen nur durch Analogie aus denjenigen
Erscheinungen durch Vernunft-Schlüsse gefunden
werden können, welche wir beim Projections-Proeess dreidimensionaler
Objecte auf einer Ebene beobachten.
Angenommen, wir beobachten die Piojection eines
ebenen, ungleichseitigen Dreiecks in der Bildfläche einer
Camera obscura. Ist die Ebene des Dreiecks parallel dieser
Bildf'äche, so erreicht der Flächeninhalt de? Projection ein
Maximum. Soll die Projection des Dreiecks in ihr symmetrisches
Gegenstück verwandelt werden, so muss das ebene
Dreie:k, welches wir uns beispielsweise aus dünnem Papier
ausgeschnitten denken wollen, umgewendet werden.
Während dieser Operation linden in allen Theilen der
Projection Veränderungen statt, durch welche sich ihr
Flächeninhalt continuirlich verkleinert bis zu einem Minimum,
wenn die Ebene de& Dreiecks senkrecht zur Projections-
Ebene steht. Bei weiterer Drehung wächst der Flächeninhalt
wieder und erreicht sein Maximum, wenn wieder die
Ebei e des Dreiecks parallel der Projectionsfiäche ist» Ein
Wesen, welches nur die Vorstellung eines zweidimensionalen
Raumes hätte und in der erwähnten Bildfläche diese Veränderungen
der Dreiecks-Projection beobachtete, würde
hierin nothwendig einen Widerspruch mit dem Axiome von
der Unveränderlichkeit der wirksamen Quantität Materie
erblicken, aus dem die zweidimensionalen Objecte gebildet
sind. Es würde jene Dreiecks-Projection kleiner und grösser
werden sehen, ohne an irgend einer andern Stelle des zweidimensionalen
Raumes eine der verschwundenen Flächen-
grösse aequivalente Fläche entstehen zu sehen. Ganz analoge
Veränderungen müssten nun auch an unseren symmetrischen
Gliedmaassen oder anderen symmetrischen Körpern
beobachtet werden, wenn sich dieselben in ihr symmetrisches
Gegenstück verwandeln könnten. Besässen wir z. B. einen
derartig organisirten Leib, dass wir durch unseren Willen
die rechte Hand in eine linke Hand verwandeln könnten,
*) Auch diese wichtige Stelle aus Kant werden wir im Verfolg der
hier entwickelten Theorie Zöllnefs zum Abdruck bringen. —
Die Red.
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