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264 Psychische Studien. V. Jahrg. 6. Heft. (Juni 1878.)
sich bemeistert hat. Das ist aber für einen Studirenden
unseres Erachtens der grösste sittliche Fehltritt, schon über
etwas gegenüber einem höheren Fachprofessor aburtheilen
zu wollen, was er gar nicht selbst erlebt und gründlich
verstanden hat. Freilich, wer so leicht wie er glauben kann,
dass ein exaeter Professor der Astrophysik von der wissenschaftlichen
Bedeutung, Leistungsfähigkeit und allgemeinen
Anerkennung eines Zöllner geschickten Fälschungen so offen
erliegen, so wenig fest in seiner Beobachte ngsmetliode sein
und so schnell seinen Irrtimm wieder einsehen und widerrufen
könne, als er S. 14 höchst naiver Weise annimmt,
und wer die hinreissende Komik seiner Voraussetzungen
so weit treibt, mit bestimmter Gewissheit zu erklären, dass
blosse Geister nicht körperlich zu erscheinen vermögen,
(ß. 13), ohne Gründe und Beweise dafür zu liefern: der
schiesst mit solchen Aeusserungen selbst um die Ecke in
die nullte Dimension und charaet^risirt seine eigene innere
Beschaffenheit und die aller seiner Denkgenossen und spiritistischen
Gegner durch die volle Hohlheit und Unsicherheit
, auf der sie alle exaete Sinnenbeobachtung, also doch
auch zumeist ihre eigene, stehend wähnen. Wir würden
ihm, wenn er Docent und Professor der Naturwissenschaft
würde, nach solchen Aeusserungen niemals etwas auf die
Versicherung seiner exaeten Beobachtung hin mehr glauben
können! Solchen Pfuschern von Experimentatoren sollte
wirklich ein Lehrstuhl an einer deutschen Universität anvertraut
sein und werden? Gott sei Dank, nein! Unseres
Skribenten Wahrheitsliebe wird sich überhaupt vorerst selbst
reinigen müssen, ob er wirklich der ist, für den er sich
ausgiebt, ehe er Andere des Betrugs und sittlicher Fehltritte
anklagt, die sich offen genannt haben. Einen Anonymus
seiner Sorte dürfte die ganze wirklich gebildete Welt
eher für einen Feigling, als iür einen Vertreter der Wahrheit
der Natur erachten. Aber die Natur bedarf seiner
nicht, weil sie seine einseitige Logik gar nicht in ihren
Diensten brauchen kann. Sie ist nicht die bloss ein- und
zweiseitige, für die unser Splitterrichter sie hält, — sie
ist vielmehr die alle Erscheinungen des Natur- und Geisteslebens
umfassende, deren ewig fortschreitende Gesetze auch
den Verstand ihrer Erforscher immer mehr erweitern
müssen, welche Erweiterung wir dem seinen von Herzen
wünschen.
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