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Prof. Dr. Fr. Hoffmann: Spiritistische Betrachtungen. 273
unhaltbar wie Hüchels Hylozoismus. Ueber die Philosophie
überhaupt äussert sich Karl Vogt dort in seiner
springenden, sprudelnden Weise eminent schwach. Indem
er die Racket sehe Philosophie in Bausch und Bogen (ohne
eigentliche speeifisch philosophische Untersuchung) verwirft,
schlägt er blind um sich gegen alle Philosophie von Thaies
bis zur Gegenwart, von der Philosophie überhaupt nur
einen blossen Schatten, Refiexionseombinationen über
Beobachtungen und Thatsachen übrig lassend. Von einem
Apriorischen findet man dort keine Spur. Karl Vogt weiss
nicht, dass es vor der Philosophie wohl in reicher Fülle
Eindrücke der Aussenwelt sammt Auffassungen derselben
und sammt einigem Nachdenken über sie gegeben hat, aber
keine Empirie als "Wissenschaft, die überall erst aus den
Anregungen der Philosophie hervorgegangen ist. Wie denn
auch die Methode der Empirie von Philosophen angebahnt
werden ist und die Fortschritte der Empirie durch alle
Jahrhunderte in der Wechselwirkung der philosophischen
Systeme und der jeweiligen empirischen Forschung gewonnen
worden sind, wobei nicht selten Verfehlungen und
Uebergriffo sich gegenseitig corrigirt haben und heute noch
sicli gegenseitig corrigiren müssen. Nachdem in den Anfängen
Philosophie und Empirie ungeschieden waren, musste
im Fortschritt eine relative Scheidung beider eintreten,
und von da hatte die Philosophie eine besondere Aufgabe
zu lösen, wie die Empirie eine andere, und es bleibt der
Zukunft vorbehalten, ob beide gleichmässig einen Höhepunkt
erreichen, auf dem angelangt, sie wieder in Eins,
wenigstens in Eintracht, zusammengehen können.
Es ist nur eine Phantasie, wenn eine Anzahl von
Spiritisten in freidenkerischem Spiritismus eine neue Religion
finden will oder doch aus ihm entspringen zu sehen erwartet
. Einzelne können aus ihm sich eine nothdürftige
Privatrcligion machen, allein der Spiritismus für sich ist
unfähig, eine öffentliche auch nur für eine einzelne Nation
zu werden. Eine neue Religion ist überhaupt nicht zu erwarten
und sogar unmöglich, insofern sie eine vollkommenere
als die christliche sein soll. Die christliche Religion kann
in ihren Wurzellehren nicht übertroffen werden und hat
nur, ein so schwerer und zeiterfordernder Process es sei,
sein wahres Wesen aus den Umhüllungen und Entstellungen
der vielfältigen Spaltungen, in die es zerfallen ist, wieder
ans Licht zu bringen, um nach und nach, wenn der grosse
Process zum Ziele geführt sein wird, siegreich sich über
die gesammte Menschheit zu verbreiten und alle Nationen
in sich zu vereinigen. Sollte aber jener Process der Aus-
FsyoMsche Studien. Juni 1878. 18
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