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III. Abtheilung^
Tagesneuigkeiten, Notizen u. dergl.
Fichte und Carriere über die Unsterbliehkeitsfrage.
Moritz Carriere. die sittliche Weltanschauung.
Besprochen von /. H. von Fichte — lautet ein Artikel in
„Die Grenzboten'' No. 17 vom 18. April er., worin nachgewiesen
ist, dass Carriere in seinem Musterwerke: „Die sittliche
Weltordnung" (Leipzig, F. A. Brockhaus, 187?) sich
zu einem Real-Idealismus bekenne, aber in dem ganz bestimmten
Sinne, dass im Realen das Ideale, der Geist,
als das eigentlich und einzig Wirksame und Gegenwärtige
aufgewiesen werde. Doch ist dies allwaltende geistige Princip
mit Nichten als abstractes, selbstloses Pneuma zu denken,
das erst im Menschen zu JBewusstsein und Persönlichkeit
gediehe — (ebenso wenig aber auch, nach dem neuersonnenen
phantastischen Halbgedanken, als hellsehendes „Unbewusste")
— sondern, so gewiss es sich im Realen des natürlichen und
des geistigen Universums als einende, allordnende, zwecksetzende
Intelligenz thatsächlich erweist, kann es auf
verständliche Weise nur begriffen werden als all- und selbst-
bewusster Geist, als höchste „Persönlichkeit'', welche Naturmacht
, Vernunft und Wille in Einheit ist. — „Aber der
Mensch", heisst es an einer anderen Stelle weiter, „bleibt
ohne den Unsterblichkeitsglauben sich selbst ein Räthsel.
Denn das Gefühl des Bruchstückartigen, Unvollendeten seines
gegenwärtigen Daseins drängt sich stets ihm auf; um so
stärker, je ausschliesslicher er schon hier in den Ideen lebt.
Daraus entsteht für ihn das 'Postulat', die Hoffnung einer
Fortdauer und das 'Vorgefühl* einer Lebensvollendung. (S.
334). Doch über das 'Wie? einer solchen, da 'die Erfahrung
fehlt', muss man der 'Phantasie' ihr Recht lassen und darum
lieber in Gedichten als in Prosa darüber reden. (S. 338.)"
— „Nur in einem nicht unwesentlichen Nebenpunkte" —
äussert sich Fichte — „muss ich mich zu einer abweichenden
Meinung bekennen. In Betreff der Unsterblichkeitsfrage sagt
der Verfasser: dass sie ein 'Postulat', eine Menschheitshoffnung
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