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Fünf Leipziger Hexenprozesse.
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Hexenwerke gefoltert werden, wobei sich herausstellte, dass
der ganz ansehnliche und wohlbegüterte Mann ein Freund
und Duzbruder — vom Scharfrichter war. Des Junkers
von Schmachthagen nothgedrungene Abreise in die Arme
seiner harrenden Braut und ein schlagfertiger, merkwürdig
aufgeklärter Advokat rettete die Angeklagte, dass sie mit
einer tüchtigen Kostenrechnung und dem erlittenen Ge-
fängniss wegkam. — „Eine weitere Hexengeschichte datirt
von 1645, wo des Röhrmeisters Thomas Vogel Wittwe, Knurr-
Anna genannt, mit der Kindermuhme des Löwenapothekers
Elias Weidmann böses Hexenwerk getrieben, des Hausknechts
Lorenz Eck in den Drei Schwanen Bild aus Thon geknetet,
mit Nadeln besteckt und bei einem mit alten Sargbrettern
genährten Feuer gekocht hatte. Während der Untersuchung
starb Knurr-Anna. Die Kindermuhme, welche den Hausknecht
mit hatte todtkochen wollen, kam, da dieser in
natura frisch und gesund geblieben war, mit schwerem
Gefängniss und Geldbusse weg." — Im Jahre 1(3(59 standen
zwei Zauberinnen, Maria Schacherin und Sibylle Schönin vor
Gericht, welche eine auf dem Barfüsserkirchhofe wohnende
junge Tischlerswittwe behext haben sollten. Die Schacherin
war eine Hirtenwittwe aus Lindennaundorf. Vor Gericht
wies sie ein von dem Herzog Christian von Sachsen-Merseburg
eigenhändig unterzeichnetes Diplom vor, worin gesagt
war, dass sie sowohl bei abgelegtem Examen als auch
Vorlegung ihrer Medikamente und Ausübung ihrer Curen
sich wohl bewährt habe und ihr deshalb in den herzoglichen
Landen die Praxis gestattet sei. Von dem Verdacht
der Hexerei konnten die beiden Verhafteten sich jedoch
nicht ganz frei machen, zumal die Tischlerswittwe starb
und, wie es in dem Berichte des Kathsbarbiers Johann
Münzer heisst, „bei lebendigem Leibe verfault war". Die
beiden Hexenschwestern kamen mit schwerem Gefängniss
und Geldbusse weg. — Der fünfte und letzte vorhandene
Hexenprocess datirt von 1684, worin der Geistliche
Magister Rivinus die 58jährige Susanne Mehlhorn der Hexerei
und Teufelsbuhlerei beschuldigte. Unter Anderm sollte man
von ihr häufig in der Dunkelheit einen hier nicht wieder zu
gebenden Schimpfnamen und darauf allerhand Aufforderungen,
wie „komm her, packe Dich, trage den Topf hinaus" und
iLehnliches vernommen haben. Die Zeugen, fünf alte Weiber
und der vertriebene katholische Priester und nunmehrige Con-
vertit Caspar Muheim, bestätigten diess. Das weitere Zeugenverhör
stellte jedoch heraus, dass die alte Frau gern ein Glas
Branntwein trank und dass sie alle diese Excesse im Bausche
begangen und ihren Mann und nicht den Teufel geschimpft
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