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386 Psychische Studien. V, Jahrg. 9. Heft (September 1878.)
Autorität besitzt für Diejenigen, welche der spiritualistischen
Frage überhaupt ein ernstes und unbefangenes Interesse
zuwenden.
Zu allermeist dagegen und völlig berechtigt liegen jene
Zweifelsgründe darin, dass auch jetzt noch nach dem allgemeinen
Durchsehnittsstandpunkt der psychologischen Wissenschaft
und ihrer herrschenden Schulen es für diese an geeigneten
Anknüpfungspunkten des Verständnisses fehlt, um
in jenen neuen, verwickelten Fragen nach festen Kriterien
das Sichere vom Problematischen, den Schein von der Wahrheit
zu unterscheiden. Ich habe indess in vorliegender Abhandlung
zu zeigen gesucht, dass es einer erweiterten oder
umgebildeten Psychologie allerdings möglich sei, die
psychischen Phänomene des heutigen Spiritualismus
vollständig zu erklären, indem dieselben jenen Ergebnissen
ungesucht sich anschliessen und thatsächlich sie bestätigen.
Aber nach dem ganzen Charakter psychologischer
Forschung kann diess Ergebniss nur auf das psychische
Gebiet sich erstrecken. Die physischen Nebenerscheinungen
, welche dabei sich gleichfalls hervorgethan, sind
der psychologischen Beurtheilung entrückt. Hier muss von
anderer Seite her Hülfe oder Entscheidung erwartet werden.
Darüber ist vielleicht noch ein orientirende^ Wort am
Platze,
Jene physisch-spiritualistischen Manifestationen zeigen
nach ihrer charakteristischen Beschaffenheit eine unverkennbare
Analogie mit den längst bekannten, gemeinen Spukphänomenen
, gegen welche die ebenso gemeine Aufklärung
die stärkste, auch jetzt noch fortdauernde Abneigung
gezeigt hat, ohne indess ihren Glauben vertilgen zu können.
Denn sie dauern fort, drängen sich auf, zumeist unbeachtet,
wenigstens verschwiegen, „weil man nicht gern davon
spricht Und so bedürfen sie immerhin, als ein Thatsäch-
liches, gleichfalls einer „vernünftigen" Erklärung, nur nicht
in gewohnter aufklärerischer Absicht des Ableugnens, natürlichen
Erklärens u. dgh, was Alles ein für allemal gründlich
sich lächerlich gemacht hat.
Jene neuentdeckten physisch-spiritualistischen Phänomene
wie diese längst bekannten stimmen nun in dem merkwürdigen
Umstände überein,«— wo dasAlte vom Neuen
unerwartet bestätigt wird und unigekehrt —,
dass sie — ganz entgegengesetzt allen puristischen Vorstellungen
von der reinen Geistigkeit des künftigen Zu-
standes — auf ein Vermögen der Abgeschiedenen, sich zu
„materialisiren", hinweisen, d. h. auf die Fähigkeit, nach
ihrem Willen und in erkennbarer Absicht in der Sinnen-
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