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414 Psychische Studien. V. Jahrg. 9. Heft. (September 1878.)
ist es sicher nicht unlogisch vorauszusetzen, dass eine
Geisterwelt aus geistigen Substanzen gebildet sein muss.
Nach unserer Lehre stehen die geistigen Substanzen in
denselben Verhältnissen zu einander, als die materiellen; sie
sind fest, flüssig und luftig; die festen existiren in derselben
Mannigfaltigkeit wie die gleichen materiellen Substanzen;
es giebt ebenfalls eine geistige Erde, Felsen, Metall u. s. w.,
es giebt ein geistiges Pflanzen-, ein geistiges Thierreich.
Die Erde des Geisterreichs besteht aus Bergen, Thälern,
Flüssen; es wachsen dort Bäume und Blumen und Gras,
beziehentlich dieselben wie auf unserer Erde; Vögel fliegen
in der Luft, und Thiere leben auf der Erde; die Geister,
welche dort leben, haben ebenfalls ihre Behausungen. Nun
wirft man dieser Ansicht von der Geisterwelt vielfach vor,
dass sie zu materiell sei, und der Vorwurf würde begründet
sein, wenn geistige Substanzen und Gegenstände nicht andere
Eigenschaften hätten als materielle; aber wie wir später
sehen werden, haben sie viele den materiellen Gegenständen
fehlende Eigenschaften, sind in jeder Hinsicht über dieselben
hoch erhaben. Aber wenn wir nun voraussetzen wollten,
dass es eine geistige Welt gäbe, die unserer Welt in Nichts
gleich wäre, weder in der Substanz noch in der Form, was
würde das Resultat sein? Wir könnten nur behaupten,
dass es eine solche Welt gäbe, uns aber keinea Begriff
davon machen, sie uns unter keiner Form denken; hat sie
keine Berge, Thäler, Flüsse, kein Licht, keine Atmosphäre,
was ist sie denn? Nichts! Sie ist keine Welt, denn der
Begriff Weit setzt Substanz, Gestalt und Gegenstände voraus,
durch unsere Behauptung läugneten wir selbst ihre Existenz.
Es kann eben keinen Mittelweg zwischen der positiven
Verläugnung einer substanziellen Geisterwelt und der Behauptung
, dass sie in den allgemeinen Verhältnissen und
Formen unserer Welt ähnlich sein muss, geben. Indem wir
also behaupten, dass es geistige Substanzen und Gestalten
und eine Geisterwelt giebt, ähnlich dieser Welt, nur erhaben
über sie in allen ihren Eigenschaften, Verstössen wir nicht
gegen irgend ein Gesetz der Vernunft, wir handeln auch
in vollkommener Uebereinstimmung mit der Offenbarung,
denn in der Bibel wird die Realität und die substanzielle
Natur der Geibterwelt vorausgesetzt* Unsere Antwort auf
die zweite Frage, was ist die Geisterwelt? lautet daher: Es
ist eine wirkliche Welt, bestehend aus allen Gestalten, Formen
und Substanzen, welche nothwendig sind, eine AVeit zu
bilden; sie ist den Sinnen derer, welche sie bewohnen, wahrnehmbar
und für sie viel deutlicher und klarer, als diese
Welt es für uns ist, und dennoch ist sie nicht materiell,
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