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Franz Hoffmann: Schelling's Unsterblichkeitslehre. 459
entsteht. Wir sagen von den schönsten "Werken, sie seien
mit Liebe gemacht, ja die Liebe selbst habe sie gemacht.
Auch die Wissenschaft in ihrer höchsten Potenz ist ein
Werk der Liebe und trägt den Namen Philosophie, d. h,
Liebe der Weisheit. Der zum Philosophen geborene Mensch
empfindet dieselbe Liebe, welche die göttliche empfindet,
die verstossene Natur geistig wieder ins Göttliche zu verklären
und das ganze Universum zu Einem grossen Werk
der Liebe zu verschmelzen.
Nachdem Schelüng hiermit den Menschen auf den
höchsten Gipfel, dessen er in diesem Leben fähig sei, geführt
zu haben erklärt, wendet er sich einer gedrängten
Betrachtung über das Schicksal des Menschen in einem
künftigen Leben zu.
Die Nothwendigkeit des Todes folgt aus dem Widerstreit
des Guten und Bösen, welcher durch Schuld des
Menschen allgemein, in ihm und ausser ihm, erregt ist.
Aus diesem Grunde kann der Mensch in diesem Leben
nicht ganz erscheinen, wie er ist, nämlich seinem Geiste
nach, und es entsteht eine Unterscheidung des äussern und
innern Menschen. Der seiende Mensch ist der Mensch, wie
er seinem Geiste nach ist, der erscheinende Mensch dagegen
geht vei stellt einher durch den unwillkürlichen und unvermeidlichen
Gegensatz. Sein inneres Gute ist verdeckt
durch das Böse, das ihm von der Natur her anhängt, sein
inneres Böse verhüllt und noch gemildert durch das unwillkürliche
Gute, was er von der Natur her hat. Einmal
aber muss der Mensch in sein wahres Esse gelangen und
von dem relativen non-Esse befreit werden. Diess geschieht
durch den Tod , den Uebergang in die Geisternelt, durch
welchen er nicht zwar vom physischen Leben überhaupt,
aber doch von diesem geschieden wird. Alles folgt ihm
nun in die Geisterwelt, was auch hier schon Er selber
war, und nur das bleibt zurück, was nicht Er selber war.
Also geht der Mensch nicht bloss mit seinem Geiste (im
engern Sinne des Wortes) in die Geisterwelt über, sondern
auch mit dem, was in seinem Leib Er selber, was in
seinem Leib Geistiges war. Denn auch der Leib an und
für sich enthält schon ein geistiges Princip, der Geist in-
ficirt den Leib, der Gute steckt den Leib mit dem Guten,
der Böse mit dem Bösen seines Geistes an. Der Leib ist
ein Boden, der jeden Samen anoimmt, in welchen Gutes
und Böses gesäet werden kann. Daher folgt das Gute,
was der Mensch in seinem Leibe erzogen hat, so wie das
Böse, das er in ihn gesäet hat, ihm im Tode. Der Tod ist
also keine absolute Trennung des Geistes von dem Leib,
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