http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1878/0473
Franz Hoffmann: Schelling's Unsterblichkeitslehre. 463
auf sich achtet, der findet es. Besonders in schweren
Fällen fehlen dem Menschen diese Eingebungen nie, und
wenn er sie nicht hat, so ist es seine eigene Schuld. Der
Mensch ist nie ganz verlassen, und bei dem vielen Traurigen,
was ein jeder erfährt, kann er doch gewiss sein, dass er
unsichtbare Freunde hat; ein heroischer Glaube, der fähig
macht, Vieles zu thun und auch Vieles zu leiden. Wie
jeder Mensch einen Bezug auf die Geisterwelt hat, so hat
auch jedes Ding der Natur durch seine gute Seite einen
Bezug auf den Himmel, durch seine böse auf die andere
Seite der Geisterwelt. Daher der Mensch in nichts mehr
Vorsicht haben muss als in seinem Umgang mit der Natur,
besonders aber mit andern Menschen. Die Geisterwelt kann
nur der Mischung wegen nicht in die jetzige eindringen.
Allein Geisterwelt und Natur müssen doch endlich verbunden
werden, die höhere Potenz des eigentlich ewigen
und absoluten Lebens noch eintreten; denn die höchste
geistige Seligkeit (in dem auf das irdische — erste —
folgenden — zweiten — Leben) ist doch noch nicht die
absolute, die Natur — ohne Schuld dem jetzigen Zustand
unterworfen — sehnt sich nach der Verbindung, so wie
auch Gott sich wieder nach der Natur sehnt. Alle Potenzen
müssen wirklich in Eins gebracht werden. Den zwei
Perioden: der gegenwärtigen (irdischen), wo freilich alle
Potenzen vorhanden sind, aber untergeordnet dem Realen,
und der nächst folgenden des geistigen Lebens, wo auch
alle Potenzen sind, aber untergeordnet dem Idealen, wird
und muss eine dritte (letzte, vollendende) folgen, wo alle
der absoluten Identität untergeordnet sind, wo also das
Geistige oder Ideale nicht das Physische und Beale aus-
schliesst und beides gemeinschaftlich und als gleichgeltend
dem Höheren untergeordnet ist.
Nach einer allzu gedrängten und unentwickelten Skizzi-
rung der Momente der zweiten Lebensstufe will Schelling
auch in der dritten Periode wieder drei Perioden oder
Potenzen anerkannt wissen: 1. Regiment des Mensch
gewordenen Gottes, 2. Regiment des Geistes, 3. endlich
Alles dem Vater überantwortet. Den Schluss der Stuttgarter
Vorträge bilden die Worte:
„Vielleicht diess (Ueberantwortung dem Vater) dann,
wenn auch die Hölle nicht mehr ist; und in diese Perioden
der Ewigkeit fällt also die Wiederbringung auch des Bösen
noch, woran wir glauben müssen. Die Sünde ist nicht
ewig, also auch ihre Folge nicht. Diese letzte Periode in
den letzten ist die der ganz vollkommnen Verwirklichung
— also der völligen Menschwerdung Gottes, wo das Un-
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1878/0473