http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1878/0521
Franz Hotfmann: Sehelling's ünsterblichkeitslehre. 509
Aus den folgenden Unterredungen der Personen des
Dialogs ist hervorzuheben, dass Schelting den Menschen als
ein Ganzes aus Geist, Leib und Seele bestimmt und die
Seele als das Vornehmste im Menschen auffasst. Jeder
der drei bedarf der andern, keines kann der andern entbehren
, daher sie durch ein unauflösliches Band an einander
gekettet sind. Ihr Verkehr unter einander ist ein lebendiger
Umlauf, und der Tod kann daher nicht als eine gänzliche
Losreissung und Trennung des Geistes und der Seele
von dem Leibe und des Leibes von jenen angesehen
werden. Der Uebergang von dem jetzigen Zustand in den
dem Tode nachfolgenden ist als ein geistiger vorzustellen,
in dem aber der ganze Mensch erhalten bleibt. Zwar das
Aeusserliche des Leibes wird vom Menschen getrennt und
bleibt im Irdischen zurück, nicht aber das innere Wesen
des Leibes, welches als Keim des im Jenseits vergeistigt
werdenden Leibes in uns ist. Diesen Keim können wir im
irdischen Leben pflegen und erziehen. Was hienieden
sc'aon geistig gelebt hat, gewinnt im Tode die Vollkommenheit
eben desjenigen, wonach er hier im Leben am
meisten gestrebt hat, was nothwendig ein Höheres als
dieses Gegenwärtige sein muss. Der Tod ist daher die
Erhebung in eine höhere Potenz, in eine wirkliche andere
und höhere Welt.
Die Seligwerdenden unter den Entschlafenen sind im
Schlaf wieder dem Schlaf entgangen und zum Wachen
hindurchgedrungen, ihr Zustand ist das höchste ununterbrochene
Hellsehen. Der Zustand des Hellsehens der
Somnambulen ist eine blosse Annäherung an den Zustand
der seligen Abgeschiedenen oder Entschlafenen. Aus den
Erscheinungen des Hellsehens der Somnambulen folgt, dass
das geistige Wesen unserer Körperlichkeit, das im Tode
uns folgt, schon vorher in uns gegenwärtig ist, dass es
nicht dann erst entsteht, sondern bloss frei wird und in
seiner Eigenthümlichkeit hervortritt, sobald nicht mehr die
Sinne und andere Lebensbande es an die Aussenwelt fesseln.
Wie die Hellsehende hienieden nicht die Erinnerung verliert
, sondern ihr vielmehr die Vergangenheit zurück und
die Zukunft oft in nicht unbeträchtlicher Ferne helle wird,
so erlischt dem Abgeschiedenen nach dem Tode das ße-
wusstsein nicht. Der Tod ist sammelnd, nicht zerstreuend,
vereinigend, nicht veräussernd. Im Grunde des Bewusst-
seins liegt etwas durch keinen Begriff Aufzulösendes, etwas
Dunkles, gleichsam als Halt der Persönlichkeit. Es ist
nicht hinwegzubringen, weil mit ihm zugleich die Persönlichkeit
verschwände, aber es kann verwandelt werden, dass
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1878/0521