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Dr. Gustav Bloede: Psychometrische Studien.
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mus, dem Temperamente und etwa besonders hervorstechenden
Charactereigenheiten des Schreibers, wobei sie den
„Magnetismus" als „stark", „scharf", „mehr electrisch", oder
als „sanft", „angenehm" bezeichnet. Die weitergehende
Wirkung macht sich dann durch unwillkürliche Kopfbewegungen
, "Rucke nach hinten, Schütteln seitwärts, mitunter
auch durch Bewegungen des linken Armes, und dann und
wann selbst schmerzhafte Empfindungen in diesem und
anderen Gliedern, gelegentlich auch am Herzen, bemerkbar.
Ob aus diesen Zeichen auf eine der feinsten Stofflichkeit
angehörende „Emanation", geeignet, stofflich (?) auf das
Nervenfluidum zu wirken, zu schliessen sein möchte, muss
ich anheimgeben. Das Eingehen auf die Einzelheiten der
Characterschilderung erfolgt sodann mit Hilfe und sozusagen
an dem Leitfaden der phrenologischen Anordnung, Loeali-
sirung und Abschätzung der einzelnen Seelenpartien und
Organe, mit welcher die Dame praktisch wie theoretisch
eine nicht gewöhnliche Vertrautheit besitzt. Sie war schon,
ehe sie die psychometrische Begabung an sich entdeckte,
eine gewandte Untersucherin der Köpfe nach der Methode
der Phrenologie und betrieb diess mit Vorliebe, und jedenfalls
hat dieser Umstand die eigenthümliche Erscheinung
zur Folge gehabt, dass sich ihre psychometrische Wahrnehmung
nach derselben Methode vollzieht, indem die von
der unsichtbaren Persönlichkeit ausgehenden psychischen
Eindrücke sich in fühlbare Empfindungen an und
in den „Organen" ihres eigenen Kopfes, sozusagen, umsetzen.
Diese selbst werden in unmittelbare lebhafte Thätigkeit
versetzt, und je nach dem Grade dieser Thätigkeit, ihrer
Ausdehnung und Richtung, sowie nach der Verbindung und
Wechselbeziehung eines Organes zu anderen wird sie sich
derselben Organe und deren Stärke und Thätigkeit an der
unbekannten geistigen Organisation bewusst und diese zu
characterisiren in Stand gesetzt. Um sich diesen eigentümlichen
Vorgang durch Anwendung eines Bildes klar
zu machen, so ist es, als ob die unbekannte Persönlichkeit
vermöge der von ihr ausgegangenen Schrift in geistiger
Realität und Ganzheit vor der Psychometrin stände und
deren Geistesorgane mit denen Jener in unmittelbare mes-
merische Wechselwirkung träten. Es ist Ihnen nicht unbekannt
, dass viele Erscheinungen der Mediumschaft auf
den Begriff des Mesmerisirens des Mediums durch den
controlirenden Geist zurückgeführt worden sind. Diess kann
aber eben für nicht mehr als ein auf die menschliche
Fassungskraft für das ünfassliche berechnetes Bild erklärt
werden. Räthselhaft bleiben alle für streng der Wahrheit
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