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2 Psychische Studien. VI. Jahrg. 1. Heft. (Januar 1879.)
Und inmitten dieses Tumultes, dieses Sturmes erhebt
die Philosophie ihre ruhige und würdige Stimme, um die
Geister auf dem Gebiete wahrer Werthschätzung zusammen
zu berufen, — um zu sagen, dass die phänomenale Seite
des Spiritualismus nur ihre äussere, unsichere, täuseheude
Seite ist, dass aber seine ganze Bedeutung, sein voller Werth
in seiner inneren, intellectuellen und psychologischen Seite,
mit einem Wort in seiner Lehre beruhe und dass diese
namentlich „eine wichtige Culturfrage der Gegenwart" aus
ihm mache. Das hat so eben erst mit der ganzen Autorität
seines hochachtbaren Namens der Nestor der deutschen
Philosophie, der ehrwürdige Professor Immanuel Hermann
von Fichte in seinem Werke: „Der neuere Spiritualismus,
sein Werth und seine Täuschungen", das kürzlich bei Brockhaus
in Leipzig erschienen ist, öffentlich erklärt.
Als ich mich entschloss, die Herausgabe der „Psychischen
Studien" im Jahre 1878 fortzusetzen, sagte ich: „Wie dem
nun auch sei, ich bedauere es nicht, das Journal fortgesetzt
zu haben. Die Erfahrung, welche dieses Jahr mir bringen
soll, wird kostbar und entscheidend sein für eine grosse
Zahl kommender Jahre . . ." (Januar-Heft 1878, S. 17,)
Wie wir sehen, haben sich meine Ahnungen erfüllt und
sogar über alle Erwartung hinaus . . . Aber indem ich
vollauf den ungeheuren Fortschritt anerkenne, den unsere
Sache so eben gemacht hat, vergegenwärtige ich mir gleichzeitig
die ganze Gewalt der Opposition, welche nicht aufhört,
und noch lange nicht aufhören wird, sich zu bethätigen.
Jahrzehnte werden noch vergehen, ehe das btudium der
mediumistischen Phänomene als ein wesentlicher Zweig der
Wissenschaft vom Menschen eine allgemein anerkannte und
angewendete Wahrheit geworden sein wird. Ich mache
mir darüber keine Illusion: hat doch der menschliche
Magnetismus trotz der zwingendsten Tbatsachen, der ehren-
werthesten Zeugnisse, der grössten Anstrengungen einer
Anzahl competenter Aerzte und Physiologen schliesslich
durch die Gewalt der Verfolgung, der er unterworfen war,
damit geendigt, beinahe vergessen oder in die Kumpelkammer
des Aberglaubens verwiesen zu werden. Hoffen
wir, dass solches nicht das Schicksal des „neueren Spiritualismus
" in Deutschland sein werde.
Dieses aber wird hauptsächlich abhängen von der
Unterstützung, den Anstrengungen und der Hingebung
Derjenigen, welchen die Verteidigung und die Verbreitung
dieser Sache in Deutschland am Herzen liegen wird. Was
mich persönlich betrifft, so kann ich mit noch grösserem
Eecht als im vergangenen Jahre den Wunsch aussprechen,
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