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26 Psyohlsohe Studien. VI. Jahrg. 1. Heft. (Januar 1879.)
mässig erwiesen und legt dabei wenig Gewicht auf Nebensächliches
. Er glaubt, dass, wenn ein Individuum, ein Volk,
ein ganzes Zeitalter von dem Glauben an ewige Bestimmung
und ewiges Leben abgekommen ist, ihm auch die begeisternde
Thatkraft und der aufopfernde Wille verloren geht
und nur noch ein selbstisch sinnliches Dasein möglich ist.
Durch die Auferstehung Christi wurde das Christenthum
eingeleitet, und auf ihr ruht der spezifisch christliche Glaube
an persönliche Fortdauer. F. macht nun von Christi Auferstehung
den Uebergang zu den Geistererscheinungen, für
deren Wirklichkeit ja auch Schopenhauer, gegen das Grund-
princip seines eigenen Systems von der Macht der That-
sachen tiberwältigt, eingetreten ist. F. stellt S. 35 ff. für
deren Beurtheilung eine Anzahl Regeln auf und findet in
der Geschichte eine Menge von Fällen, welche nur durch
Annahme einer objectiven Geistererscheinung erklärbar sind,
und er hält die Einwirkung einer Geisterwelt auf die
Lebenden für eine Veranstaltung zu deren Heil.
Dem Spiritualismus war Fichte zuerst abgeneigt und
wurde namentlich durch die Bekanntschaft mit Baron
von Güldenstubbe, welcher mit seiner Schwester Fräulein
Julie 1869—70 in Stuttgart lebte, mit ihm versöhnt. Er
begann nun, mit dessen Geschichte und Literatur sich bekannt
zu machen, und findet es mit Recht merkwürdig, dass
gleich beim Entstehen desselben in der Familie Fax zu
Hydesville bei New-York durch das in ihrem Hause stattfindende
Klopfen als Urheber desselben ein Ermordeter,
ganz in Vergessenheit Gerathener mit seinem Namen ermittelt
wurde. Dann kam das Tischklopfen und Tischrücken
und verbreitete sich mit reissender Schnelligkeit von
der Union aus zuerst nach Europa und dann nach den
anderen Erdtheilen. Der Spiritualismus bildete sich zu
einem System aus, und seine Anhänger hoffen zu sanguinisch
von ihm eine durchgreifende Reform der Menschheit. F.
bespricht auch die Psyehographie und die verschiedenen
physikalischen Phänomene, so wie die sogen. Materialisation
in den Sitzungen der Spiritualisten, und hebt mit Recht
die Verdienste des Amerikaners ffare, der Engländer Crookes,
Wallace, Varley, des russischen Staatsrathes Aksakow u. A.
bei deren Beobachtung hervor. In Deutschland, wo man
den Spiritualismus mit grossem Unrecht für Aberglauben
ansieht, hat er bis jetzt viel zu wenig Anerkennung gefunden.
Die drei Grundvorstellungen der Spiritualisten sind die
Ueberzeugung von dem persönlichen; bewussten Fortleben
des menschlichen Geistes nach dem Tode, die Thatsache
eines Wechselverkehres der Lebenden und Gestorbenen
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