http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1879/0107
Freiherr von Stein: Ein deutsches Mediuni.
99
denjenigen aber, welche nur Betrug als Quelle des Gehörten
und Gesehenen betrachten, wird sich ein weites Feld der
Thätigkeit öffnen, ihren Scharfsinn mit der Lösung der
Frage zu beschäftigen, wie dieser Betrug zu Stande kommt.
Ich habe zwei Sitzungen im engeren, zwei im weiteren
Kreise mit diesem Medium erlebt. Die Phänomene folgten
namentlich in einer Sitzung im engeren Kreis in ausserordentlicher
Abwechslung, oft sehr rasch und mit grosser
Kraft. Ich habe einfach hingenommen, was sich mir darbot
, denn ich war ein Gast; nur in einem Fall habe ich
eine Vorsichtsmaassregel getroffen. Einige Vorgänge vollzogen
sich aber unter Umständen, welche an sich schon
geeignet warer, die Annahme eines Betrugs auszuschliessen,
ohne dass man nöthig hatte, weitere Vorsiehtsmaassregeln
anzuwenden. Ich habe kein iteeht, hier das Medium zu
nennen oder seinen Wohnort zu bezeichnen, — es wird
diess später geschehen. Theils bei hellem, theils bei gedämpftem
, theils ohne Lampenlicht, oder bei Mondlicht
traten folgende Erscheinungen ein, wobei das Medium bei
drei Sitzungen rechts neben mir an einem Tische sass, an
welchem etwa 6 Personen Platz haben. Bui zwei Sitzungen
war es ein Tisch mit einer Mittelsäule, auf 3 Füssen ruhend.
Ich habe Folgendes gesehen und gehört und gefühlt: —
1) Die Klopflaute waren sehr deutlich und entschieden
individuell verschieden — eine sich entwickelnde Conver-
sation mit den durch Klopflaute antwortenden Intelligenzen
wurde sehr lebhaft, oft spasshaft geführt, wobei der Tisch
in die verschiedensten Bewegungen versetzt wurde — sich
gleichsam vor Lachen schüttelte.
2) Der Tisch wurde, während alle Hände sichtbar
darauf lagen, mehrmals mit grosser Kraft auf eine Seite
gekippt — einigemal etwa einen Fuss hoch in die Höhe
gehoben mit der darauf stehenden Lampe.
3) Allerlei Laute, wie von bestimmten Handwerkern
ausgeführt, wurden hörbar: ein Tischler schraubte Zwingen
an, sägte, hobelte, kehrte Spähne zusammen; ein Schneider
trennte Stiche auf; ein Schuhmacher schnitt Leder, schmierte
es ein, trieb den Leisten in einen Stiefel.
4) Ein Indianertanz wurde aufgeführt, wobei man
verschiedene Takte und schlürfende Laute unterscheiden
konnte.
5) Zur Begleitung auf der Guitarre tanzte ein kleines
Mädchen*) und klingelte dabei den Takt mit einer unter
den Tisch gestellten Handklingel. Dem Tone nach zu ur-
*) Nach der Annahme des Mediums.
4
http://dl.ub.uni-freiburg.de/diglit/psychische_studien1879/0107