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Und der Spiritismus? Unser himmlischer Prodigor,
der sich so gern als einen ,,sp iritischen Christen"
bezeichnet, will dadurch wahrscheinlich begreiflich machen,
dass diese Lehre dem orthodoxen christlichen Glauben treu
geblieben sei und alle oben aufgeführten Dogmata anerkenne
. Hier erreicht die Mystifikation ihren Gipfelpunkt:
denn die Lehre des Spiiitismus ist ganz ebenso
rationalistisch wie die des Spiritualismus; ebenso
wie dieser letztere ignorirt sie alle jene Dogmen. Derjenige
, welcher dem Spiritismus den Beinamen christlich
giebt, will alsdann von der allgemeinen Lehre desselben
eine Ausnahme machen; es wird sich dann nur um
persönliche Meinungen handeln, die man näher bestimmen
muss; denn im Spiritualismus sowohl wie iai
Spiritismus gi<*bl es individuelle Versuche, den Kationalismus
mit d:esen Lehren zu versöhnen, — nicht mit der
Morallehre Christi, die dem Rationalismus nichts Entgegengesetztes
enthält, sondern - mit den hauptsächlichsten
Dogmen dei christlichen Kirche: der Offenbarung und dei*
Erlösung. Da aber unser Prediger nur vom allgemeinen
Character dieser beiden Zweige der „Lehre vom Geiste",
wie er sie nennt, redet, so kommen diese Ausnahmen hier
nicht in Betrachtung; und da es ihm überdiess gefallen hat,
als Repräsentanten dieser beiden Lehrabzweigungen Darin
und Karclee zu nennen, so wollen aucL wir uns auf diese
beiden Quellen beschränken, um zu beweisen, wie sehr der
Unterschied zwischen ihnen gleich Null ist.
Dass in der spiritistischen Lehre, wie sie von Allan
Kardec im „Buche der Geister* und wo sie ,,ein vollständiges
System" darbietet, von d^n Dogmen, um die es sieb hier
handelt, nicht die Rede ist und dass diese Dogmen sich
logisch nicht an sie anschliessen können, das ist hinlänglich
klar, ohne dass es nöthig wäre, auf Details einzugehen
. Sie ist reiner Naturalismus. Es ist in ihr nicht
die Rede von christlicher Moral; die moralischen Gesetze
sind darin betrachtet als göttliche oder natürliche Gesetze.
Da heisst es z. B.: „Das natürliche Gesetz ist das Gesetz
Gottes, es ist das einzig Wahre für das Glück des Menschen;
es zeigt ihm, was er thun und lassen soll.*' (Das Buch
der Geister, III. Abschnitt: „Die moralischen Gesetze".
§. 614.) „Alle Naturgesetze sind göttliche Gesetze." (Daselbst
§. 617.) „Wo ist das Gesetz Gottes geschrieben?
— In dem Gewissen." — „Hat Gott gewissen Menschen
die Mission gegeben, das Gesetz zu offenbaren? — Ja,
gewiss; zu allen Zeiten haben Menschen diese Mission erhalten
. Es sind höhere Geister, welche zu dem Zwecke
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